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Am 26. September wird wieder abgestimmt, und diesmal machen es die direktdemokratisch waltenden Kräfte dem Schreiber einfach, eine Meinung zu fassen und sie auch aufzuschreiben. Hier ist sie:

Eidgenössische Vorlagen

Ehe für alle

Paare gleichen Geschlechts sollen dieselben Rechte haben wie Paare verschiedenen Geschlechts. Auch sie sollen heiraten können.

Zugegeben: Mein erster Reflex war: Was geht mich das an? Sollen die doch machen, was sie wollen!

Aber selbst mir als altem weissen Hetero-Mann ist klar, dass es genau deshalb um Grundsätzliches geht. Über Adoption, Fortpflanzungsmedizin, Ehegattensplitting, “Heiratsstrafe” und dergleichen kann und muss man ja debattieren (und wir haben am 20.09. ein spannendes Treffen in meinem Nachtcafé mit Bruno Imthurn zur Reproduktionsmedizin). Aber dass in diesen Fragen andere Regeln gelten sollen je nach sexueller Orientierung ist durch gar nichts zu rechtfertigen. Die Aussage der Gegner im Abstimmungsbüchlein, “die Verwurzelung in der Ursprungsfamilie” (gemeint sind die biologischen Eltern) sei “für die kindliche Identitätsbildung zentral” empfinde ich als persönliche Beleidigung. Danke, meine Identitätsbildung hat auch so stattgefunden, obwohl meine Mutter alleinerziehend war und ich ohne Vater aufwuchs. Und wie mich das was angeht!

Die 99% Initiative

Nicht ganz so entschieden bin ich bei der von den Jusos lancierten Volksinitiative “Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern”. Die Initiative will, dass es auf Kapitaleinkommen eine leichte Steuer-Progression gibt. Diese Initiative bedient mal wieder die links-gegen-rechts-Frontlinie (was in der Schweiz ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen ist), und selbst wenn sie durchkommt, wird sie keine grossen Auswirkungen haben. Aber jetzt erlaubt sie allen Beteiligten, laut auf ihre Blechtöpfe zu schlagen, Kampagne zu machen und die Parolen zu rufen, die sie sowieso immer rufen – sehr vorhersehbar.

Unter diesen Stimmen gefiel mit Rudolf Strahms Kommmentar im Tagi (ich finde Strahm immer lesenswert, wenn er nicht über die EU schreibt): “Die von der Initiative vorgeschlagene Progression auf den Sondereinkommen der Kapitalerträge ist im Vergleich zum Ausland geradezu niedlich: Selbst wenn die 99-Prozent-Initiative in Bund und Kantonen angenommen und umgesetzt würde, wäre die Steuerbelastung der hohen Einkommen immer noch tiefer als in Deutschland, Frankreich, Österreich und in den USA!”

Städtische Vorlagen

Neubau Wache Nord

Feuerwehr und Rettungsdienst sollen – so die Vorgabe – im Notfall in zehn Minuten am Einsatzort sein, wenns knallt oder brennt oder absäuft. Das ist in Zürich derzeit nicht gegeben, und deshalb soll in Oerlikon eine neue Wache Nord gebaut werden (Erklärvideo, 3 min). Grundsätzlich sehen alle die Notwendigkeit ein, wenn auch einige meinen, die Stadt würde wieder mal etwas zu grosszügig mit den Steuergeldern umgehen, weshalb die FDP “Stimmfreigabe” beschlossen hat und die GLP nur “mit einem unguten Gefühl im Magen” zur Zustimmung aufruft. Ich selbst bin der Meinung: Das ist einer der Schwachpunkte bei der direkten Demokratie Schweizer Fassung, dass das Volk erst ganz am Ende des Prozesses nur “ja” oder “nein” sagen kann und nicht: Was hätte man besser machen können?

Deshalb geht es bei Abstimmungen wie dieser nur darum, die Dinge durchzuwinken, es sei denn, sie sind so schlecht, dass man die Notbremse ziehen und das gesamte Verfahren zurück auf Null setzen muss. Das ist hier sicher nicht der Fall, deshalb von mir: ein klares Ja.

Besonnungsinitiative

Zuletzt noch etwas lustiges: Gerade gestern meldete das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus, dass 2021 Europas bislang heissester Sommer ist (insgesamt, mit grossen Unterschieden zwischen einem extrem heissen Süden und regnerisch-kühlem Norden und Mitte), und mit einem neuen Rekord von 48,8°C auf Sizilien. Tendenz: weltweit weiter steigend, weil wir ja das 1,5°-Ziel grade mächtig versemmeln.

Und worum kümmern sich die Stadtzürcher Grünen? Dass doch ja nicht die Grünanlagen um den See zu sehr beschattet werden! Und unterstützen die Initiative des Herrn von Matt, entsprechend der “der Aspekt der Besonnung allen anderen Interessen und Zielsetzungen vorangestellt” werden soll. Haben die jetzt schon einen Sonnenstich?