• About
  • Inhaltsverzeichnis

Ansichten aus Zürich

~ A View from Zurich

Ansichten aus Zürich

Tag Archives: Hardturmareal

Dreizehn auf einen Streich

18 Friday Sep 2020

Posted by hajovonkracht in deutsch

≈ 1 Comment

Tags

Begrenzungsinitiative, Hardturmareal, Jagdgesetz, Kampfflugzeuge, Kinderdrittbetreuungskosten, Sichere Velorouten, Strassengesetz, Vaterschaftsurlaub, Zusatzleistungsgesetz

Am 25. September herrscht in der Schweiz ein coronabedinger Abstimmungs-Stau: gleich 13 Fragen gilt es als Stadtzürcher zu beantworten: 5 für die Schweiz, 2 für den Kanton, und 6 für die Stadt.

Ebenfalls bedingt durch Corona, aber auch unter dem Eindruck apokalyptischer Visionen – dem brennenden Himmel über San Francisco, dem womöglichen Ende der Demokratie in den USA, dem Elend von Moria – musste ich alle Energie zusammen nehmen, den Schreibstau überwinden und meine unmassgebliche Meinung zu den mehr oder weniger banalen anstehenden Entscheidungen aufschreiben. Weshalb es auch mal wieder ziemlich spät geworden ist.

Dabei sind für mich die Antworten auf einige der vorgelegten Fragen “klar wie Kloßbrühe” und ich will mich nicht mit ihnen aufhalten; bei anderen tue ich mich schwerer. Aber Schritt für Schritt.

Schweiz:

Begrenzungsinitiative – im Original originellerweise “Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung»” genannt. Im Grunde ist das die soundsovielte Neuauflage immer des selben Anliegens der SVP, die Zuwanderung ohne Dreinreden durch die EU begrenzen zu können. Und so wie die EU in den Flüchtlingen an ihren “Aussengrenzen” den Gottseibeiuns sieht, so der rechtspopulistische Teil der Schweiz – ähnlich UK – in den EU-Ausländern.

Die Annahme der Initiative hätte massive negative Auswirkungen auf die Aussenbeziehungen der Schweiz, weshalb ausser der SVP alle klar dagegen sind. So wichtig ich es finde, diese Initiative abzulehnen (und sogar das erste Mal ein Banner ins Fenster gehängt habe), so sehr scheint es, dass die Meinungen zu dieser Entscheidung “gemacht” sind, weshalb ich mir hier weitere Argumente erspare. Ich bin einigermassen zuversichtlich, dass das mal wieder abgelehnt wird, aber sicher kann man bei so was nie sein. Deshalb in jedem Fall: Nein.

Jagdgesetz

Mal wieder geistern Wölfe durch die Schweiz. Es werden mehr. Deshalb muss man ihnen gesetzlich verbieten, Schafe zu reissen oder sonstwie Unheil anzurichten. Bei Todesstrafe. Und bei der Gelegenheit noch ein paar weitere Arten der “Regulierung” durch die Kantone anheim stellen.

Dazu fällt mir nur ein: Die Artenvielfalt auf der Erde verringert sich in einem katastrophalen Tempo. (wwf-studie)

Nein, es sind nicht in erster Linie die Jäger; sie sind das falsche Feindbild. Es ist unsere industrielle Lebensweise, verschärft durch die Massentierhaltung. Es gibt definitiv nicht zu viele wild lebende Tiere sondern täglich weniger. Ich kann deshalb der vorgeschlagenen Gesetzesänderung nicht zustimmen.

Die nächsten beiden Abstimmungen kreisen um das selbe Thema: Kinderbetreuung und Väter.

Kinderdrittbetreuungskosten

Vorgeschlagen wird, den Kinderfreibetrag bei der Bundessteuer von 6500 auf 10000 Franken zu erhöhen, und Drittbetreuung bei Kindern bis 25000 Franken (bisher 10100) abzugsfähig zu machen. Dabei wird angenommen, bei dieser Drittbetreuung handele es sich um Kitas.

Nun ist es so, dass 60% der Menschen in der Schweiz Bundessteuer zahlen; 40% – die Wenigverdienenden – haben also von der Änderung nichts.

Dies vor dem Hintergrund, dass in der Schweiz Kitas massiv teurer sind als in den Ländern um die Schweiz herum. «In der Schweiz schlagen zwei Betreuungsplätze mit fast 70 Prozent eines Netto-Durchschnittslohnes von 56’000 Franken (Quelle: OECD) zu Buche. Das EU-Mittel liegt bei 27 Prozent, am anderen Ende der Skala befindet sich Österreich mit 5 Prozent.» (tageswoche.ch)

Dahinter steht die Einstellung, die frühe Betreuung sei kein service public sondern Privatsache, anders als Schulen, die selbstverständlich öffentlich finanziert werden. Kinder soll nur haben, wer es sich leisten kann.

Statt den am besten Verdienenden Steuerabzüge zu gewähren, sollte der Staat – Bund und Kantone – Kitas finanzieren. Dann hätten alle was davon. Deshalb zu dieser Vorlage: Nein.

Vaterschaftsurlaub

Mütter sind zuständig für die Kinderbetreuung (und bleiben deshalb zu Hause, es sei denn sie gehören zu den gut Verdienenden, siehe oben), Väter sind zuständig fürs Geldverdienen und sollen sich von den Kleinkindern fernhalten. So war das doch?

Ich habe den Eindruck, viele Schweizer stehen immer noch unter dem Schock, dass die Frauen jetzt Wahlrecht haben. Väter zu Hause? Etwa gar Windeln wechseln?

Wie man sieht, bin ich hier etwas unsachlich, aber ich kann’s nicht helfen. Väter sollen jetzt einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub bekommen. Ich finde das einen schlechten Witz. Ich werde mir die Nase zuhalten und dafür stimmen, aber nur, weil mir Vertreter dieser Initiative versichert haben, dass sie darin nur einen Einstieg in eine vernünftige Regelung sehen, bei der Väter wie Mütter ihre Verantwortung als Eltern wahrnehmen können. Nicht zu fassen: Vierzehn Tage!

Neue Kampfflugzeuge

Sechs Milliarden sollen ausgegeben werden für die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge als Ersatz für die an ihr Nutzungsende kommenden F/A 18 (Super Hornet) und F5 (Tiger).

Gleich vorweg: Ich bin kein Verfechter der «Schweiz ohne Armee». In meinem Verständnis ist es die Aufgabe einer Nationalregierung, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen. Dazu gehört auch ein möglicherweise dramatisch verändertes aussenpolitisches Umfeld. Dazu gehören auch mögliche militärische Attacken.

Ich verstehe aber nicht, in welchem denkbaren Szenario die jetzt beantragten Kampfjets schützen sollen. Mir scheint, hier stellt sich jemand die Kriege des letzten Jahrhunderts vor. Marschflugkörper, Drohnen, digitale, vor allem aber “hybride Kriegführung”, wie man sie in der Ukraine studieren kann, laufen unter der Einsatzmöglichkeit von Kampfflugzeugen durch.

Mein Eindruck ist, dass die Schweiz auf die Gefahren des 21. Jahrhunderts nur bedingt vorbereitet ist. Hier wären genügend Felder für lohnende Investitionen. Der Einkauf von teurem Spielzeug gibt ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Also: Nein.

Nachbemerkung: Ich bin Mitglied der Grünliberalen, und in dieser Frage eindeutig anderer Meinung als meine Partei. So ist es eben.

Kanton Zürich

Zusatzleistungsgesetz

Mehr und mehr Menschen beziehen Zusatzleistungen zu AHV und IV. Diese Leistungen werden anteilmässig von Bund, Kantonen und Gemeinden getragen. Jetzt soll der Anteil der Gemeinen von 56% auf 30% praktisch halbiert werden; der Anteil des Kantons steigt entsprechend. Für die Empfänger ändert sich nichts. Grund: die ungleiche Verteilung dieser Kosten, die manche Gemeinden viel stärker treffen als andere.

Da die Gemeinden die Höhe dieser Ausgaben kaum beeinflussen können, ist eine solche Veränderung unterm Strich viel einfacher zu gestalten, als ein von den Gegnern vorgeschlagener Ausgleichsmechanismus («Pool») den die Gemeinden erst aufsetzen und dann “gerecht” ausfeilschen müssten – eine wahre bürokratische Herkulesaufgabe. Mehr oder weniger Geld entsteht dadurch nicht, es wird nur anderswo verwaltet, und die Gemeinden werden gleicher belastet. Also ich bin dafür.

Strassengesetz

Alles was mit Strassen und Verkehr zu tun hat, wird im Kanton Zürich nicht etwa dem Budget entnommen, sondern vorher in eine Reihe von Töpfen gestellt, und dann aus diesen abgerufen. Der Grund ist, dass viele Projekte über mehrere Jahre und Budgetperioden hinweg geplant werden müssen. Der Nachteil, dass man den Töpfen schon vorab Gelder zuweisen muss, wenn die Projekte, für dies es gebraucht wird, nur ungefähr bekannt sind. Das führt dazu, dass die Diskussionen ein wenig weltanschaulich geführt werden. Es geht nicht darum, ein bestimmtes Projekt zu beschliessen oder abzulehnen, sondern mehr oder weniger Geld für bestimmte Arten von Projekten vorzuhalten. So hatten wir im Mai 2018 den Versuch der Pro-Auto-Contra-ÖV Lobby, den Verkehrsfonds, aus dem der ÖV finanziert wird, zu schrumpfen; jetzt den der Pro-ÖV-Contra-Auto Lobby, den Strassenfonds auszudünnen, dadurch dass nicht nur kantonale, sondern auch Gemeindestrassen daraus finanziert werden sollen, was ihn naturgemäss schneller leert.

(Hier mein Kommentar zur Verkehrsfonds-Abstimmung vom Mai ’18)

Eigentlich bin ich der Meinung, dass es schon genügend Strassen, aber zu wenig Radwege gibt, deshalb stimme ich dafür und mache gleich mit dem nächsten Thema weiter.

Stadt Zürich

Sichere Velorouten

Radwege in Zürich sind sofort daran erkennbar, dass sie urplötzlich enden, und zwar immer dann, wenn’s eng wird, komplizierte Kreuzungen, unübersichtliche Vorfahrtsverhältnisse herrschen – kurz, wenn es riskant wird. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Velo-Kuriere zu, die schlecht bezahlt, unter Zeitdruck hohes Risiko für sich und andere Verkehrsteilnehmer in Kauf nehmen.

Verglichen mit anderen Städten ist die Situation der Velorouten in Zürich miserabel und gefährlich.

Deshalb kann man diese Initiative nur annehmen. Noch viel wichtiger aber ist, sie von der Stadt auch umzusetzen. Schnell.

Hardturmareal

Dieses Projekt wird jetzt zum zweiten Mal abgestimmt. (Hier meine Stellungnahme vom November 2018)

Meine Einstellung dazu hat sich seitdem nicht geändert, und ich werde das Projekt ablehnen aus drei Gründen:

  1. Es ist ja zu hoffen, dass bis zur Fertigstellung des Projekts die Corona-Pandemie im Zaume ist, und wir uns stattdessen mit den nächsten Pandemien beschäftigen werden. Was Zürich jedenfalls am allerdringlichsten braucht, sind neue Foren für Super-Spreader-Events. (Zynismus aus; ich glaube aber, da uns Corona & Co. noch lange beschäftigen werden, dass man das Konzept der grossen Sport-Stadien wirklich gründlich überdenken sollte).
  2. Ich habe nichts gegen Hochhäuser, aber – und das habe ich schon 2018 geschrieben – ich finde den Zürcher Hochhaus-Stil langweilig und öde. Wir bauen heute die Bausünden von morgen. Warum rafft man sich nicht auf, moderne, zeitgemässe und interessante Gebäude (wie z.B. den bosco verticale in Mailand oder den Oxygen Eco Tower in Jakarta) zu errichten. Warum müssen immer öde Quader vor unserer Nase sein?
  3. Als die Planung aufkam, haben wir uns gefreut und gedacht, wir bekommen eine gute Einkaufsmöglichkeit in Laufentfernung. Nun entnehme ich der Planung, dass aus Rücksicht auf die Nachbarschaft keine Fachmärkte oder Einkaufszentren genehmigt sind, ich also weiter auf die teuren «pronto»-Kleinfilialen der Grossverteiler angewiesen bin, wenn ich nicht mit dem Auto ins Einkaufszentrum fahre.

So, wie es geplant ist, brauche ich das «Ensemble» nicht.

Erwerb von Liegenschaften

Dabei geht es um die Kompetenzzuteilung zwischen Stadtrat (Stadt-Regierung) und Gemeinderat (Parlament). Wer darf entscheiden über Immobilienkäufe, wenn es mehr als 2 Mio kostet? Wenn schnell entschieden werden muss?

Eigentlich ist mir das egal. Demokratisch legitimiert sind beide Institutionen. Dringenden Handlungsbedarf für eine Änderung sehe ich auch nicht. Ich finde, man soll die Bevölkerung mit so einer Frage nicht belästigen. Deshalb diesmal: Keine Stimme.

**Ächz** Wir sind immer noch nicht fertig. Zum Glück sind die verbliebenen drei Entscheidungen reine Formsache:

Das Areal Herdern des Elektrizitätswerks soll instand gesetzt und optimiert werden (nur zu!), eine direkte Wasserleitung soll zwischen dem Limmat-Tal und dem Glatt-Tal durch den Berg gebohrt werden (gute Sache) und die Stiftung Pro Senectute soll mehr Geld bekommen (wohl verdient).

Uff, geschafft. Jetzt schnell den Wahlumschlag der Schweizer Post anheimgegeben, und die Sache ist geritzt.

PS. Kurz nach Veröffentlichung dieses Beitrags erhielt ich ein interessantes Feedback zu den Kampffliegern, das sich hinter dem unscheinbaren Link “1 Comment” oben versteckt.

Emil und die Sozialdetektive

09 Friday Nov 2018

Posted by hajovonkracht in deutsch

≈ 1 Comment

Tags

Abstimmungen, Hardturmareal, Hornkuh-Initiative, Sozialdetektive

Vier Entscheidungen stehen am 25.11. an: drei eidgenössische und eine (hautnahe) städtische. Selten war ich gleich von mehreren Vorlagen so hin- und hergerissen wie diesmal. Nur bei einer gibt es von mir ein hundertprozentiges “Nein”.

Die “Selbstbestimmungsinitiative”

gauge5 Warum ich sie ablehne, habe ich bereits im letzten Beitrag ausführlich begründet und muss es hier nicht wiederholen.

Obwohl ich die Initiative samt ihrer weichgespülten Kampagne für eine Falle halte, empfehle ich, auf den Stimmzettel nur ein nüchternes “Nein” einzutragen. Hier, wie man’s nicht machen sollte (auch wenn’s wahr ist):
tmp

Nun zu den Entscheidungen, wie mir schwerer fallen, weil es dafür und dagegen gute Argumente gibt.

Die Hornkuh-Initiative

hajoHorn.png“Das ist den Viechern doch egal, ob sie mit oder ohne Hörner herumlaufen.” – Wirklich?

Erst habe ich gedacht: So ein Blödsinn. Bei näherem Nachdenken stellt sich die Sache so dar:

  1. “Das ist doch reine Symbolpolitik” – Stimmt. Massentierhaltung ordnet immer die Bedürfnisse der Tiere an artgerechter Entfaltung wirtschaftlichen Interessen unter. Anbinden, ruhigstellen, aufmästen, transportieren, schlachten, alles so kostengünstig wie möglich. Die fehlenden Hörner sind zwar nicht schön, auch widersprechen sie der nostalgischen Darstellung von glücklichen Kühen in Werbung und Touristenprospekten (und haben deshalb für die Schweiz hohe symbolische Bedeutung), sind aber vielleicht für die armen Tiere das kleinste Problem.
  2. “Das hat doch in der Verfassung nichts zu suchen” – Stimmt. Es handelt sich um ein Detail im Zusammenhang von artgerechter Tierhaltung und gehört in eine Richtlinie für die Vergabe von Födergeldern, und nicht in eine Verfassung. Sonst müssen wir als nächstes das Kastrieren von Ferkeln, Schneiden von Schwänzen, Meucheln männlicher Küken und tausend andere Praktiken explizit in die Verfassung aufnehmen. Das Schächtverbot hat ja in der Schweiz schon eine lange zweifelhafte Geschichte, die bis ins Jahr 1894 zurückreicht. Froschschenkel und Stopfleber fehlen noch.
  3. “Was soll der arme Mann denn anderes machen?” – Und das ist der Punkt. Da findet ein Landwirt, Armin Capaul, dass es nicht in Ordnung ist, wenn den Rindern ihre gesunden Hörner amputiert werden, und es keinen stört, und er rennt sich die Hacken ab, um eine Änderung zu erreichen, stösst aber überall auf Unverständnis, bis ihm jemand sagt: “Mach doch eine Initiative”. In der Schweiz kann man solche Initiativen eben nur als Verfassungsinitiative starten. Und so kommt es jetzt “vors Volk”. Meine Sympathie gilt hier dem Eigenbrötler, und einem direkt-demokratischen System, das so etwas möglich macht (ob mit oder ohne Unterstützung durch den einen oder anderen Spinner).
  4. gauge2“Das könnte sogar einen gegenteiligen Effekt haben” – Ja, könnte. Die Initiative legt nicht im einzelnen fest, wie sie umgesetzt werden soll, und – zugegeben – wenn sie blöd umgesetzt wird, könnte sie nachteilige Effekte haben, etwa dass sie die Viehzüchter animiert, ihre Rinder wieder mehr anzubinden. Könnte. Aber niemand zwingt Parlament und Regierung, die Initiative blöd umzusetzen. Und in Zeiten, wo die SVP alle in den Wahnsinn treibt mit ihrer Forderung, ihre zahllosen unsinnigen Initiativen blind und bedingungslos umzusetzen, finde ich die Perspektive erfreulich, dass hier Profis herausgefordert sind, eine nicht-blöde Umsetzung zum Wohle der Tiere hinzubekommen.

Sozialdetektive

Auch hier bin ich hin- und hergerissen. Während einer kontroversen Debatte um dieses Thema stiegen vor meinem geistigen Auge Szenen aus “Die Schweizermacher” auf, wo der Drang, in die intimsten Verhältnisse der Zielpersonen einzudringen, fast als Zug des schweizer Nationalcharakters gezeichnet wurde. Hat sich in 40 Jahren nix geändert, gell?
schweizermacher
Walo Lüönd im Film “Die Schweizermacher” (1978) mit Emil Steinberger

Aber im Ernst. Die IV Rente beträgt in der Schweiz maximal 2350 Franken pro Monat (siehe z.B. hier). Dazu kommen gegebenenfalls Kinderzulagen und Ergänzungsleistungen. Wirklich reich wird davon erst mal niemand.

Um an dieses Geld zu kommen, muss man strenge Bedingungen erfüllen, die auch regelmässig alle 2-3 Jahre überprüft werden, und wenn man am unteren Ende der Einkommens-Skala lebt, mag es im Einzelfall verlockend sein, dieses (Zusatz-)Einkommen einzuheimsen, auch wenn’s einem nicht zusteht.

Nun kann man über die Voraussetzungen streiten, die für den Bezug von Sozialhilfe gesetzt sind. Aber klar ist: Wenn solche Regeln bestehen, dann muss der Staat auch ihre Einhaltung einfordern und überprüfen. Andernfalls sind – wie so oft – die ehrlichen die Dummen und am Schluss hält sich niemand mehr an Regeln. Insofern ist auch gegen eine Observierung verdächtiger Einzelfälle nichts einzuwenden.

In weiten Kreisen wird es ja sowieso als Sport oder Kavaliersdelikt empfunden, den Staat um Geld zu prellen. Viele machen aber einen klaren Unterschied, ob sie einerseits dem Staat Steuern vorenthalten (da ist der Staat der Dieb, und es ist toll, ihm ein Schnäppchen zu schlagen), oder andererseits Staatsknete – oder gar Sozialhilfe – abzocken. Dann sind sie Sozialschmarotzer.

beobachter150217Nur sollte man die Kirche im Dorf lassen. Der Beobachter hat am 7. Feb 2015 mal gegenübergestellt, wieviel ein zusätzlicher Steuerfahnder “erwirtschaftet”, und wie viel ein Sozialinspektor (siehe Kasten). Das Ergebnis ist klar: Allein durch straflose Selbstanzeigen sind seit 2010 7 Milliarden Franken an Vermögen zum Vorschein gekommen und wurden Bund, Kanton und Zürcher Gemeinden 600 Millionen an Nachsteuern bezahlt, während die Zürcher Sozialfahnder gerade mal ihre eigenen Kosten wieder hereinholen.

gauge4Das entscheidende Argument ist für mich aber die Vermischung der Rollen. Ein im Auftrag des geschädigten (der Sozialversicherung) arbeitende privater Detektiv ist klar einseitig ökonomisch motiviert und wird – trotz aller Dementis – letztlich nach Fangprämien bewertet.
Sozialversicherungsbetrug ist ein Kriminaldelikt und sollte von Ermittlern aufgeklärt werden, die klar im Interesse der Öffentlichkeit arbeiten. Eine eigene Privatpolizei halte ich für problematisch, wird ja auch in anderen Bereichen nicht gemacht, und ist in diesem Fall dem Ressentiment gegen Sozialhilfebezüger geschuldet. Aber gegen “Sozialschmarotzer” lässt sich halt immer gut zu Felde ziehen.

Hardturm-Areal

Und nochmal eine schwierige Entscheidung: Das Projekt “Ensemble”. Ein Fussballstadion und zwei Wohntürme. Direkt vor unserer Nase.
uetli
Noch ist dies der Blick aus unserer Wohnung.
uetli2
Und so könnte es in einigen Jahren aussehen.

Zunächst war ich für dieses Projekt. Mir fehlt zwar das Fussball-Gen, aber sollen die Fans doch ihren Spass haben. Auch finde ich grundsätzlich eine urbane Verdichtung, auch in die Höhe, sinnvoll für die wachsende Stadt Zürich. Im Sinne der Entwicklung unseres Quartiers müssen wir auch für Kompromisse offen sein, und ein Kompromiss ist so ein Projekt allemal. Und ich hoffte auf ein schickes Einkaufszentrum in Laufentfernung über die Limmat.

oxygen Wenn ich aber pro und contra bilanziere, kommt weder für mich direkt, noch für die Stadt genügend Gutes dabei heraus.
Es wird kein Einkaufszentrum geben, allenfalls “Kleinläden und Gastronomiebetriebe” für die Fussballfans.
Am meisten bin ich enttäuscht von der vollkommen uninspirierten Architektur der beiden geplanten Wohntürme. Quader, die nichts ausstrahlen als die Botschaft: “Wir sind jetzt hier und ihr habt mit uns klarzukommen”. Zukunftsorientierte moderne, ökologisch inspirierte Architektur gibt es schon viele (abgebildet der Oxygen Eco Tower in Jakarta). gauge4 Wenn man bedenkt, dass die “Ensemble”-Gebäude noch in Jahrzehnten da sein werden, glaube ich, dass man bei ihrem Anblick schon bald von den Bausünden der zwanziger Jahre sprechen wird. Zürich – Stadt mit höchster Lebensqualität und höchsten Ansprüchen an sich selbst – hat etwas besseres verdient.

47.366700 8.550000

Themensuche

Wahlen und Abstimmungen

Eidgenössische, kantonale, städtische AbstimmungenSeptember 25, 2022
Massentierhaltungsinitiative, Stabilisierung AHV (AHV21), Verrechnungssteuer

Neuste Beiträge

  • Europa verstehen, Ukraine verstehen April 30, 2022
  • 4 Abstimmungen ohne Corona February 5, 2022
  • Die Mühen der Demokratie November 8, 2021
  • Sonnenstich für alle! September 8, 2021
  • Das CO2-Gesetz und einige andere May 22, 2021
  • E-IDgenössische Abstimmungen February 10, 2021
  • Konzernverantwortung und Kriegsmaterial November 22, 2020
  • Dreizehn auf einen Streich September 18, 2020

Ältere Beiträge

Mehr…

  • About
  • Inhaltsverzeichnis

Gib deine E-Mail-Adresse ein, um über neue Artikel per E-Mail benachrichtigt zu werden.

Join 16 other subscribers

Meta

  • Register
  • Log in
  • Entries feed
  • Comments feed
  • WordPress.com

Abonnierte Blogs

  • Nikolaus\' Fruehstuecksfernsehen
  • greenpandatracks
  • impressions
  • Macabre Mundi
  • CHINA KOMPASS
  • Wuximail
  • Unterwegs in China

Unterwegs in China

Im Mai 2013 war ich unterwegs in China und habe von unterwegs einen ausführlichen Blog geschrieben.

Blog at WordPress.com.

Nikolaus\' Fruehstuecksfernsehen

Politische Betrachtungen zum Tage

greenpandatracks

ausgerechnet china

impressions

My stories, images, and opinions around experiences

Macabre Mundi

makabre Angelegenheit...

CHINA KOMPASS

Mein China-Blog rund um Alltag, Geschichte und Kultur

Wuximail

Chinesisch für Fortgeschrittene

Unterwegs in China

 40 Jahre nach der ersten Reise unterwegs in ein neues Land

Privacy & Cookies: This site uses cookies. By continuing to use this website, you agree to their use.
To find out more, including how to control cookies, see here: Cookie Policy
  • Follow Following
    • Ansichten aus Zürich
    • Already have a WordPress.com account? Log in now.
    • Ansichten aus Zürich
    • Customize
    • Follow Following
    • Sign up
    • Log in
    • Report this content
    • View site in Reader
    • Manage subscriptions
    • Collapse this bar
 

Loading Comments...