• About
  • Inhaltsverzeichnis

Ansichten aus Zürich

~ A View from Zurich

Ansichten aus Zürich

Tag Archives: Kriegsgeschäfteinitiative

Konzernverantwortung und Kriegsmaterial

22 Sunday Nov 2020

Posted by hajovonkracht in Uncategorized

≈ 1 Comment

Tags

Konzernverantwortungsinitiative, Kriegsgeschäfteinitiative, Sportstadt Züri

Eine Eigenart der Direkten Demokratie Schweizer Prägung ist, dass man als Stimmbürger immer wieder Entscheidungen treffen muss, obwohl man wenig Kenntnis von der Sache hat. Diesmal geht’s mir vor allem mit den lokalen Entscheiden so. Aber dazu später.

Eidgenössische Abstimmungen

Konzernverantwortungsinitiative (KVI)

Eigentlich eine klare Sache: Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, einschliesslich der “durch sie kontrollierten Unternehmen”, “haben auch im Ausland die international anerkannten Menschenrechte sowie die internationalen Umweltstandards zu respektieren”. Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, sind sie zu “angemessener Sorgfaltsprüfung verpflichtet” und haften für Schaden, den sie und die von ihnen kontrollierten Unternehmen anrichten (alle Zitate aus dem Abstimmungstext).

Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, und deshalb begann die KVI auch mit grosser Zustimmung. Bis der Wind sich drehte und Leute, die offenbar kein Interesse daran haben, dass sich Unternehmen auch anderswo an Menschenrechte und Umweltstandards halten, eine Flut von Vorbehalten mobilisieren konnten. Es wird eng.

Ich greife hier nur ein Argument heraus: mit Annahme der KVI mache die Schweiz einen Alleingang statt internationaler Zusammenarbeit (Bonetti).

In Wahrheit ist es so, dass die Schweiz, verglichen mit den Nachbarländern, eher bescheiden dasteht. Eine Gruppe von Juristen hat einen “Rechtsvergleich im internationalen Verhältnis” vorgenommen und die Rechtslage der Schweiz nach Annahme der KVI verglichen mit dem Ist-Zustand von Ländern wie Frankreich, UK, Deutschland und anderen.

Demnach wären die Möglichkeiten, in der Schweiz Fehlverhalten der eigenen Unternehmen im Ausland einzuklagen, selbst nach Annahme der KVI immer noch weniger weitgehend als heute schon in Frankreich, UK, den Niederlanden. Und das lässt ausser Acht, dass es auf europäischer Ebene Bemühungen gibt (Stichwort: “Lieferkettengesetz”), die Nachvollziehbarkeit und Einhaltung internationaler Normen weiter auszubauen und zu vereinheitlichen.

Ich sehe die Initiative im Einklang mit weltweiten Bemühungen, die globalisierten Zusammenhänge unserer Weltwirtschaft nachhaltig zu gestalten. Sicher wäre es noch besser, wenn die Akteure sich hier erkennbarer über die Grenzen hinweg koordinieren würden, aber ich finde es sehr gut, wenn die Schweiz hier einen mutigen Schritt nach vorne macht.

Kriegsgeschäfteinitiative (KGI)

Die Intention der Initiative ist sympathisch: Ich möchte nicht zu den Leuten gehören, die ihr Geld mit der Herstellung von Kriegswaffen verdienen, und doch lege auch ich mein Geld – über die AHV und meine Rentenkasse – in Rüstungskonzernen an, ohne überhaupt gefragt zu werden. Also möchten die Initianten, dass Kassen, die in meinem Namen Geld anlegen, dies nicht mehr in Waffenproduzenten tun dürfen.

Der Teufel liegt allerdings im Detail. Natürlich bin ich dafür, dass z.B. in meiner Pensionskasse nachhaltige und ethische Anlageprinzipien verfolgt werden. Das Bewusstsein für diese Problematik ist in den letzten Jahren stark gewachsen und führt immer wieder zu Diskussionen. Umwelt, Soziales, Menschenrechte, Krieg sind ethische Dimensionen, die bedacht sein wollen. Wenn so etwas aber gesetzlich vorgeschrieben wird, müssen die Dinge genau definiert werden. Welche Unternehmen sollen von der Finanzierung durch Nationalbank, Stiftungen und Rentenkassen ausgeschlossen werden?

Kriegsmaterialproduzenten sind laut Abstimmungstext alle “Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen”.

Mit dieser Definition habe ich drei Probleme.

  1. Es fällt auf, dass die Initianten in ihren Begründungstexten immer wieder betonen, dass “Investitionen in internationale Kriegsmaterialproduzenten” verhindert werden sollen, und verhindert werden soll, “dass unser Geld in Rüstungskonzerne im Ausland fliesst”. Das ist aber billiger Populismus. Die schlimmen Ausländer, die guten Schweizer. Im Abstimmungstext selbst (siehe oben) ist von Ausland nicht die Rede. Schweizer Unternehmen, sind genauso betroffen.
  2. Mir ist völlig unklar, wie “dual use” hier abgegrenzt werden soll. Komponenten für Flugzeuge, die sowohl in zivilen wie militärischen Geräten verwendet werden; etwa der “Hummer” (dieses grässliche Monster-Auto, ursprünglich ein Militärfahrzeug, das aber wegen seiner Macho-Ausstrahlung auch von bestimmten Menschen “zivil” gern gefahren wird)  – wie sollen die bewertet werden? Was zählt zu den 5%? Ich sehe hier ein Betätigungsfeld für viele Juristen.
  3. Die Schweizer Armee braucht ja wohl Ausrüstung. Wenn die Firmen, die sie beliefern, keine Kredite, kein Aktienkapital mehr bekommen, führt das tendenziell zu einer Verteuerung bei der Armeebeschaffung. Zu Ende gedacht, folgt aus einer Annahme der KGI, dass man auch für die Schweizer Armee keine Kriegswaffen mehr möchte (“Defund the Army”). Das steht aber nicht im Antrag.

Aus diesen Gründen bin ich der Meinung, dass die vorgeschlagene Verfassungsänderung keine gute Lösung ist. Eine Stärkung der ethischen Anlageformen durch mehr Transparenz, “Opt-Out” Optionen der Beitragszahler, eine Stärkung der demokratischen Strukturen in den Rentenkassen, und eine Verschärfung des Verbots, Geld in international geächtete Waffen (ABC) zu investieren, auch wenn diese in international etablierte Aktienfonds eingemischt sind, wären der bessere Weg.

Abstimmungen in der Stadt Zürich

Jetzt komme ich zu den Themen, bei denen ich mich schwer tue, Entscheidungen zu treffen, und noch mehr, Empfehlungen zu geben. Ich teile hier nur mit, wie ich mich entscheide, ohne Gewähr.

Sportstadt Züri

Diese Abstimmung hat eine Vorgeschichte: Die AL wollte, dass Sport- und Badeanlagen der Stadt grundsätzlich kostenlos sein sollten. Das hat der Gemeinderat in einem Gegenvorschlag etwas abgeschwächt, aber im Wesentlichen übernommen. Dann hat die AL ihren Antrag zurückgezogen, und jetzt stimmen wir über den Gegenvorschlag ab, der übrigens vom Stadtrat abgelehnt wird.

Ich bin für dieses Thema sicher nicht der beste Ansprechpartner, gehöre ich doch zu “den wenigen Personen der Stadtzürcher Bevölkerung, die sich als Nichtsportlerinnen oder -sportler bezeichnen” (S.16), und wie bei fast allen anderen aus dieser Gruppe sind nicht die Eintrittspreise, was mich abhält, die städtischen Sportangebote links liegen zu lassen.

Ich gönne ja jedem seinen und jeder ihren Sport. Aber ich halte diesen Antrag für den Versuch, ein nicht-existierendes Problem zu lösen. Merke: Wenn es nicht ein klar benennbares, dringendes Problem gibt, dann tu lieber nichts und kümmer dich um die Dinge, bei denen wirklich Handlungsbedarf besteht. Davon gibt es viele.

Gestaltungsplan Thurgauerstrasse

Wenn man vom Hallenstadion in Oerlikon nach Norden Richtung Flughafen fährt, kommt man durch die Thurgauerstrasse. Dort soll ein neuer Quartierteil mit 700 Wohnungen, Schulhaus, Park, Gewerbe- und Dienstleistungsflächen etc. entstehen. Heute sind dort Familiengärten, ein Parkplatz, ein Wohnhaus und eine Gärtnerei.

Dass es sinnvoll und dringend notwendig ist, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, wird von niemandem bestritten. Auch der Ort leuchtet ein.

Allerdings gibt es da die IG Grubenacker, die sich an etlichen Aspekten des vorliegenden Entwurfs stört, und sie hat auch gleich einen Gegenentwurf parat, der aus ihrer Sicht vor allem die Interessen der in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Menschen besser berücksichtigt.

Planung der Stadt Zürich

Oben ist eine Visualisierung des Entwurfs, der zur Abstimmung steht, unten der Gegenvorschlag.

 

Gegenentwurf. Konzeption von Jürg Sulzer

Im Prinzip gehts um Hochhaus vs. Blockrandbebauung. Ich finde den Sulzer-Entwurf erwägenswert, den städtischen Entwurf aber auch nicht so schrecklich. Interessant ist z.B. dass beide Modelle ungefähr dieselbe Zahl von Wohnungen vorsehen.

Eine Ablehnung des Gestaltungsplans hätte aber zunächst mal zur Folge, dass das Projekt um Jahre hinausgezögert würde. Deshalb werde ich der Vorlage, auch auf die Gefahr hin, dass es sich nur um die zweitbeste Lösung handelt, zustimmen.

Neues Fördersystem Tanz und Theater

Hier haben sich eine Menge Leute viel Mühe gegeben, ein Konzept auszuarbeiten, wie die Stadt die Tanz- und Theaterszene besser unterstützen soll. Die Förderung der “freien Szene” soll über “Ko-Produktion-Institutionen” (wie das Theater-Spektakel) laufen. Für “Konzept-Förderung” (und damit Beiträge für 2, 4, und 6 Jahre) soll der Stadtrat eine Jury einrichten, die Gemeinde- und Stadtrat für die Vergabe berät. Auch wird das Gesamtbudget leicht erhöht von 58.2 auf 62.9 Mio. SFr. pro Jahr.

Das wäre ja alles ganz schön, gäbe es da nicht ein massives Problem: Wann und in welcher Form Tanz und Theater seine alten, oder wahrscheinlicher, neue Formen von Aktivitäten wieder aufnehmen kann, was die langfristigen Konsequenzen aus der Pandemie (die ja nicht so einfach wieder verschwinden wird) sein werden – das steht alles in den Sternen. Statt in dieser Situation die langfristige Ausgestaltung von etwas zu beschliessen, das derzeit gar nicht stattfinden kann, bin ich dafür, diese Frage zu vertagen und erst mal den Kulturschaffenden mit Soforthilfen unter die Arme zu greifen. Sonst sind sie nachher für die langfristigen Konzepte nicht mehr da.

Themensuche

Wahlen und Abstimmungen

Eidgenössische, kantonale, städtische AbstimmungenSeptember 25, 2022
Massentierhaltungsinitiative, Stabilisierung AHV (AHV21), Verrechnungssteuer

Neuste Beiträge

  • Europa verstehen, Ukraine verstehen April 30, 2022
  • 4 Abstimmungen ohne Corona February 5, 2022
  • Die Mühen der Demokratie November 8, 2021
  • Sonnenstich für alle! September 8, 2021
  • Das CO2-Gesetz und einige andere May 22, 2021
  • E-IDgenössische Abstimmungen February 10, 2021
  • Konzernverantwortung und Kriegsmaterial November 22, 2020
  • Dreizehn auf einen Streich September 18, 2020

Ältere Beiträge

Mehr…

  • About
  • Inhaltsverzeichnis

Gib deine E-Mail-Adresse ein, um über neue Artikel per E-Mail benachrichtigt zu werden.

Join 16 other subscribers

Meta

  • Register
  • Log in
  • Entries feed
  • Comments feed
  • WordPress.com

Abonnierte Blogs

  • Nikolaus\' Fruehstuecksfernsehen
  • greenpandatracks
  • impressions
  • Macabre Mundi
  • CHINA KOMPASS
  • Wuximail
  • Unterwegs in China

Unterwegs in China

Im Mai 2013 war ich unterwegs in China und habe von unterwegs einen ausführlichen Blog geschrieben.

Create a free website or blog at WordPress.com.

Nikolaus\' Fruehstuecksfernsehen

Politische Betrachtungen zum Tage

greenpandatracks

ausgerechnet china

impressions

My stories, images, and opinions around experiences

Macabre Mundi

makabre Angelegenheit...

CHINA KOMPASS

Mein China-Blog rund um Alltag, Geschichte und Kultur

Wuximail

Chinesisch für Fortgeschrittene

Unterwegs in China

 40 Jahre nach der ersten Reise unterwegs in ein neues Land

Privacy & Cookies: This site uses cookies. By continuing to use this website, you agree to their use.
To find out more, including how to control cookies, see here: Cookie Policy
  • Follow Following
    • Ansichten aus Zürich
    • Already have a WordPress.com account? Log in now.
    • Ansichten aus Zürich
    • Customize
    • Follow Following
    • Sign up
    • Log in
    • Report this content
    • View site in Reader
    • Manage subscriptions
    • Collapse this bar
 

Loading Comments...