Ein Neuanfang

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Bis Februar 2022 habe ich jede Abstimmung in der Schweiz kommentiert, und mich dadurch auch motiviert, mich mit den gestellten Themen auseinanderzusetzen. Das Schweizerische Prinzip, dass man durch die Abstimmungen herausgefordert ist, sich mit allen möglichen politischen Fragen näher zu befassen und sich zu entscheiden, ist eine tolle Sache.

Dann kam der Überfall Russlands auf die Ukraine.

Seitdem verfolge ich täglich die Nachrichten aus der Ukraine, und damit verglichen schrumpfen manche Probleme, mit denen wir uns hier sehr ernsthaft befassen.

Seit über einem Jahr geht der Horror immer weiter, und stellvertretend für die vielen unschuldigen Opfer, möchte ich diesen Beitrag der zweijährige Veronika Makarenko und ihre Mutter Olga widmen, die friedlich in ihrer Wohnung in Dnipro schliefen, als sie am vergangenen Freitag von einer russischen Granate aus dem Leben gerissen wurden. Ihr einziges Vergehen: Ukrainerinnen zu sein.

Quelle: https://twitter.com/Anna_Lena2022/status/1652018946512437250

Und dann noch ein “Disclosure”: Seit September 2014 habe ich die Schweizer Politik verfolgt, passiv, mal mehr, mal weniger intensiv. Jetzt ist für mich der Zeitpunkt gekommen, mich etwas aktiver einzumischen, und so werde ich als alter Grufti am 22. 10. für den Nationalrat kandidieren – als Zählkandidat ohne jede Perspektive, ins Parlament einzuziehen, auf einem der hinteren Listenplätze einer Zusatzliste der Grünliberalen Partei.

Das Schöne an der direkten Demokratie der Schweiz ist ja, dass man bei den Abstimmungen nicht in jedem Fall den Vorgaben der eigenen Partei folgen muss (ich fang gleich in diesem Beitrag damit an), und ich habe vor, auch in Zukunft selbst zu denken. Falls aber jemand von euch meine Empfehlungen durch meine Parteiaktivität kontaminiert sieht, lasst es mich einfach wissen, und ich nehme euch gerne von der Liste.

OECD/G20-Mindestbesteuerung

Seit Jahren senken immer mehr Länder ihre Unternehmenssteuern, um alle anderen zu unterbieten, und auf diese Weise grosse Unternehmen anzulocken. Um diesem “Race to the bottom”.ein Ende zu setzen, haben die G20, und in ihrer Folge auch die EU, nach vielen vergeblichen Anläufen beschlossen, dass Unternehmensgewinne überall mit mindestens 15% versteuert werden sollen. Dieser Beschluss ist mit einem kleinen Trick versehen: Wenn das Land, in dem der Sitz der Firma sich befindet, weniger als diese 15% erhebt, kann ein anderes Land die Differenz einkassieren. Ich muss nicht verstehen, welches Land genau, und wie das gehen soll, aber es scheint als Drohung zu funktionieren, so dass alle Parteien in der Schweiz sich einig sind, dass man diese 15% selbst erheben muss, weil sonst “im Ausland” abkassiert wird.

Denn die Schweiz ist eines der Länder, wegen denen die ganze Regelung beschlossen wurde. Die meisten Länder haben Gewinnsteuern von 15% oder mehr (insgesamt 2 Dutzend Steueroasen wie Irland, Gibralter, Liechtenstein, Zypern und eben die Schweiz liegen darunter). In der Schweiz liegen nur die Kantone Jura (17.42%), Bern (16.01%), Zürich (15.74%), Basel Land (15.71%) und Tessin (15.48%) leicht über 15%. Basel Stadt, Zug und Nidwalden liegen bspw. unter 10%.

Interaktive Karte auf: https://www.swissinfo.ch/ger/wirtschaft/oecd-mindeststeuer–darum-geht-s-bei-der-abstimmung/48401262

Jetzt soll also eine “Ergänzungssteuer” erhoben werden, um das, was die Kantone zu wenig einkassieren, abzuschöpfen. Nun ist der Streit darüber entbrannt, wem diese zusätzlichen Einnahmen (keiner weiss, wieviel es sein wird, aber man redet von 1 – 2.5 Mrd SFr) zugute kommt. Die jetzige Vorlage spricht den Kantonen ¾ dieser Einnahmen, dem Bund ¼ zu. Die SP meint, dass das für die Kantone zu viel und für den Bund zu wenig ist und lehnt deshalb die Vorlage ab. Die Grünen denken das auch, sind sich aber nicht sicher, ob sie diese Massnahme, die sie eigentlich wollen, deshalb ablehnen sollen (und haben “Stimmfreigabe” beschlossen), alle anderen sind dafür.

Meine Meinung dazu: Der Streit ist müssig. Über kurz oder lang werden die Kantone sowieso 100% dieser Steuereinnahmen bekommen, sie müssen nämlich nur ihren Steuersatz auf 15% erhöhen (und können dann auf anderem Weg die Unternehmen auf ihrem Gebiet fördern, was sie sicher tun werden).

Also: Ja!

Klima-Gesetz

Meine grösste Enttäuschung bei den Abstimmungen, an denen ich bislang teilgenommen habe, war, als im Juni 2021 das CO2-Gesetz von 51.6% der Abstimmenden verworfen wurde. Jetzt kommt, sozusagen als abgespeckte Version der Gletscherinitiative, das “Klima- und Innovationsgesetz” vors Volk.

Für meinen Geschmack ist das alles zu zahnlos, es gibt keine verbindlichen Vorgaben, und es ist jetzt schon abzusehen, dass die Schweiz mit diesem Gesetz keinen ausreichenden Beitrag zur Erreichung des 1.50 Ziels leisten wird. Aber gerade deshalb, weil alles unverbindlich ist, und freiwillig, und vielleicht erreicht wird, vielleicht auch nicht, hat diese Vorlage eine bessere Chance, angenommen zu werden. Wenn die Schweizerinnen und Schweizer auch diesen schüchtern-höflichen Versuch, sich von den fossilen Energieträgern unabhängig zu machen, ablehnen, fällt mir nichts mehr ein.

Ein interessanter Aspekt dieser Kampagne ist übrigens, SVP-Chef Rösti zu erleben, wie er als Bundesrat entgegen seiner Partei die Vorlage vertritt und das Wirken des sehr schweizerischen Kollegialitätsprinzips im Regierungshandeln erkennen lässt. Das nötigt mir Respekt ab.

Lieber als die Taube auf dem Dach ist mir der Rösti in der Hand

Deshalb unbedingt: Ja!

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Covid-19-Gesetz

Der Apparat der Schweizer Demokratie ist nicht der schnellste, und so kommt es, dass wir im Juni 2023 nochmal über das COVID-19-Gesetz abstimmen, und jeder sagt: «Hä»?

Die Covid-Lage ist schon vor einiger Zeit von «Pandemie» auf «gefährliche, aber bewältigbare Virus-Infektion» übergegangen. Trotzdem sollen einige Sonderregelungen, die zur Abwendung der Pandemie eingeführt wurden, nochmal um ein halbes Jahr verlängert werden. Danach ist sowieso Schluss.

Mir kommt das ziemlich absurd vor:

  • Die Regelungen sollen nicht beibehalten werden, weil sie jetzt gebraucht werden, sondern für den Fall, dass das Virus bösartig mutiert. Und zwar, dass es das genau zwischen Januar 2024 und Juni 2024 tut. Davor gilt das Gesetz sowieso noch, und danach gilt es sowieso nicht mehr.
  • Nach meiner Lebenserfahrung kommt die nächste ernste Krise sowieso aus einer Ecke, aus der wir sie heute nicht erwarten (z.B. ein grossflächiger Hacker-Angriff, der die gesamte Infrastruktur lahmlegt, oder was man sich so ausdenken mag). Eine Vorrats-Panik zu bewirtschaften für das mögliche Eintreten eines ganz bestimmten Krisenauslösers halte ich für sinnlos. Viel wichtiger wäre es, die Wachsamkeit dafür zu schärfen, dass die Gesellschaft schneller auf neue, unvorhergesehene Bedrohungslagen reagieren kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Folge Zwei von COVID wird, halte ich für vernachlässigbar gering.
  • Im Gegensatz zu den «Freunden der Verfassung» und anderen Massnahmenkritikern, die sich gegen die Vorlage ausgesprochen haben, finde ich, dass die Regierungen in der Schweiz und drumherum ziemlich gut und verantwortungsvoll mit der Krise umgegangen sind. Dass die Verantwortlichen beim Auftreten einer unkalkulierbaren Herausforderung umsichtig und auch mutig «Handeln in Unsicherheit» praktizieren mussten, Fehler riskierten und auch besondere Vollmachten brauchten. Jetzt ist es wichtig, dass diese «besonderen Vollmachten» so schnell wie möglich wieder abgegeben werden, und nicht dem naturwüchsigen Bedürfnis von Bürokratien nachgegeben wird, Kompetenzen, die einmal erhalten wurden, einfach zu behalten.
  • Für mich war das grösste Problem bei der Corona-Krise, dass sie als Brandbeschleuniger gewirkt hat bei der Zersetzung des demokratischen Zusammenhalts unserer Gesellschaft. Verschwörungstheorien, Ausgrenzung, generelle Abwendung von demokratischer Öffentlichkeit, Misstrauen gegenüber Journalisten, Politikern usw. wurden im Lauf dieser Krise in ungeahnte Höhen geschleudert. Um so wichtiger ist es, zum normalen Prozedere zurückzukehren, und dieses Gift nicht weiter wirken zu lassen.

Erstaunt bin ich, dass ich mich in dieser Frage im Gegensatz zu einer breiten Mehrheit der im Parlament vertretenen Parteien sehe (Ausnahme: SVP). Aber seis drum: Nein.

Stadtzürcher Vorlagen

Ein Lohn zum Leben

Kommt man mit einem Stundenlohn von weniger als 23 Franken in Zürich über die Runden? 4% der Beschäftigten in Zürich verdienen weniger als das. Bei einer vollen Stelle wären das weniger als 4200 SFr im Monat. Und viele Niedriglohnempfänger arbeiten nur teilzeit.

Ganz grundsätzlich finde ich das Prinzip richtig, dass Arbeitsverhältnisse so ausgestaltet sein müssen, dass sie für die Beschäftigten ein Leben ohne Armut ermöglichen, sonst handelt es sich um nicht-nachhaltige Ausbeutung. Stundensätze, die selbst bei Vollbeschäftigung nicht zum Leben reichen, sind deshalb amoralisch und wenn die Tarifparteien diesen Missstand nicht abstellen können, ist es richtig, dass der Staat eingreift. Grundsätzlich.

Jetzt kommt es aber auf die Details an. 2014 – das war die letzte Abstimmung, bei der ich noch nicht selbst mitstimmen durfte, sonst wär das natürlich anders ausgegangen – versenkte das Schweizer Stimmvolk einen nationalen Mindestlohn mit einem wuchtigen Nein. Über 76 Prozent stimmten damals gegen einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde. Das war eine falsche Entscheidung, aber sie ist gefallen; so ist halt Demokratie.

Seitdem versuchen die Gewerkschaften, den Mindestlohn über die Kantone und die Kommunen durchzubringen, und haben dabei teilweise Erfolg: in den Kantonen Neuenburg, Jura, Tessin, Genf und Basel-Stadt wurde er eingeführt. Jetzt soll er also auf kommunaler Ebene in Zürich kommen. Er soll 23.90 SFr betragen und für alle gelten, mit einigen Ausnahmen (z.B. Personen in Ausbildung und unter 25-Jährige ohne Berufsabschluss). Im Gemeinderat fand die Vorlage eine recht knappe Mehrheit von 69:51 Stimmen.

Für mich ist die kommunale Gültigkeit die grösste Schwäche der Vorlage. Zum einen gibt das enorme Abgrenzungsprobleme (er soll gelten «für alle Arbeitnehmenden, die mehrheitlich auf dem Gebiet der Stadt Zürich arbeiten.»). Ich kenne das noch von meiner Zeit bei SAP, wo die Leute aus dem einen Büro (im Stadtgebiet) zum Sechseläuten frei hatten, die anderen (ausserhalb des Stadtgebiets) nicht. Wenn sich sowas auf das Lohnniveau bezieht, ist es weniger lustig. Zum zweiten ergibt das – wenn nach und nach eine Stadt der anderen folgt – einen Flickenteppich von Regelungen, der administrativ immensen Aufwand erzeugt.

Dass eine Kommune überhaupt einen Mindestlohn beschliessen kann, belegt die Stadt mit einem Gutachten, in dem als Bedingung genannt wird, dass die Stadt damit sozialpolitische Ziele verfolgt. Mit dem Mindestlohn – so deshalb die Antragsteller – soll Erwerbstätigen ein angemessener Lebensunterhalt ermöglicht und die Sozialhilfe entlastet werden.

Sozialpolitisch ist der Mindestlohn aber ein sehr ungenaues Instrument: Von den Menschen, die unter der Armutsgrenze leben («poor») hilft er nur denen, die arbeiten («working poor») und wegen der niedrigen Stundensätze arm sind. Einer alleinerziehenden Frau etwa, die wegen schlechter Kinderbetreuung nur ein kleines Stundendeputat arbeiten kann, hilft eine Anhebung des Stundensatzes fast nichts. Andererseits gibt es Menschen in guten Sozialverhältnissen, die trotz sehr niedrigen Stundensatzes nicht arm sind (etwa wenn der Lebenspartner oder die Lebenspartnerin gut verdient).

Trotz des Konstruktionsfehlers «kommunale Gültigkeit» finde ich den Mindestlohn eine gute Sache. Nicht, um Sozialpolitik zu ersetzen, sondern um Grundregeln fairer Arbeitsverhältnisse durchzusetzen. So sieht das auch die EU. In allen EU-Mitgliedstaaten gibt es gesetzliche Mindestlöhne, ausser in fünf: Dänemark, Italien, Österreich, Finnland und Schweden.

Interaktive Karte: www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeitsmarkt/Mindestloehne.html

Im Oktober 2022 hat der Rat der EU (das sind die Regierungen) eine Richtlinie «über angemessene Mindestlöhne» verabschiedet. Dabei geht es darum, wie – in den Ländern, in denen es Mindestlöhne gibt – die Höhe dieser Löhne regelmässig angepasst wird, der Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Mindestlohnschutz, sowie die tarifvertragliche Abdeckung verbessert werden. Richtwert dort sind 80%, also dass 80% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Tarifvertrag haben.

In der Schweiz unterliegen bei 5.4 Mio Beschäftigten (https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/industrie-dienstleistungen/unternehmen-beschaeftigte.html) 2.1 Mio einem GAV (Gesamtarbeitsvertrag), davon 1.8 Mio einem GAV mit Mindestlohn. dam-api.bfs.admin.ch/hub/api/dam/assets/12947849/master).

Einer der GAV mit Mindestlohn ist der der Gastronomie, die als eine der kritischen Branchen genannt wird. Der Mindestlohn 2023 ist dort nach Lohnkategorie festgelegt.

Quelle: https://www.wirtepatent.ch/de/wissen/mindestlohn-in-der-gastronomie-n-was-verlangt-der-l-gav-207.html

Die Vorlage hätte demnach für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 25 Jahre ohne Berufslehre direkte Auswirkungen (und wahrscheinlich müssten die Löhne für die anderen auch angepasst werden, wenn man die Staffelung erhalten will). Aber die Auswirkung wäre bescheiden. Dass die Einführung «die Sozialpartnerschaft untergraben» würde, kann ich nicht nachempfinden.

Kurz und gut, ich bin hin-und hergerissen und werde aus Prinzip ja stimmen, obwohl ich glaube, dass nur eine nationale Regelung eine wirklich runde Sache ist.

Wohnraumfonds, Objektkredit und Gemeindeordnung

Das sind zwei verbundene Vorlagen, die offenbar zusammengehören, und jedes Argument das für oder gegen die eine Vorlage gilt, gilt auch für die andere, deshalb behandle ich sie hier zusammen obwohl es wohl technisch so ist, dass jede für sich angenommen werden kann und muss.

Es geht darum, dass man mal beschlossen hat, dass bis 2050 ein Drittel aller Mietwohnungen in der Stadt gemeinnützig sein soll. Nun hat man mit Erstaunen festgestellt, dass die Wirklichkeit sich nicht nach den Beschlüssen richtet, und man trotz allerlei Förderung nicht über die 26.4% hinaus kommt. Und die Immobilienpreise steigen, die Nachfrage ist hoch und der Platz ist knapp. Deshalb soll jetzt nochmal Geld in die Hand genommen werden, umd das Drittel noch zu erreichen. Ein Fonds mit insgesamt 300 Millionen SFr soll aufgesetzt werden, aus dem Wohnbauträgerschaften Zuschüsse erhalten, damit sie auf eigentlich teurem Bauland doch noch erschwingliche Wohnungen erstellen können.

Ich muss gestehen, dass die Abwägung über das für und wider bei dieser Sache meine Kompetenz überschreitet. Ich verstehe die Absicht, aber ich kann wirklich nicht beurteilen, ob das ein Verfahren ist, das zur Linderung der Wohnungsnot in Zürich beiträgt. Falls ich in dieser Sache noch schlauer werde, mache ich vielleicht noch einen Nachtrag, aber im Moment werfe ich die Hände in die Höhe und sage: Macht, wie ihr wollt.

Pestalozzi-Bibliothek

und

Schulanlage Saatlen

Zum Abschluss gibts noch zwei ganz einfache Entscheidungen. Beide Male muss man nur ja sagen. Die Förderung der Pestalozzi-Bibliothek soll von befristet auf unbefristet umgestellt werden, und in Schwamendingen gibt es viel mehr Schulkinder, und deshalb brauchen die mehr Schulräume. Beides “no-brainer”. Und es gibt auch niemanden, der dagegen ist.

Europa verstehen, Ukraine verstehen

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Kurz vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine publizierte das “Zentrum für die Liberale Moderne” eine Aufsatzsammlung Ukraine verstehen. Auf den Spuren von Terror und Gewalt. Schwere Kost. Und doch: absolute Pflichtlektüre, um die jetzigen Geschehnisse vor ihrem historischen Hintergrund verstehen zu können.

Für mich war bei der Lektüre am schmerzhaftesten, zu merken, wie wenig ich von der Geschichte dieses Teils Europas und damit von meiner eigenen Geschichte weiss. Ich nehme ja für mich in Anspruch, politisch bestens informiert und auch über die historischen Zusammenhänge durchaus aufgeklärt zu sein. Und doch muss ich erkennen, dass mein Verständnis dieses Teils der europäischen Geschichte – nicht so sehr ein blinder Fleck, als riesiges schwarzes Loch ist. Das ist besonders bitter, als sich zeigt, dass es für das Verständnis meiner eigenen Geschichte ebenfalls essenziell ist. Und handlungsrelevant.

Wie sehr die Ukraine im Zentrum von Hitlers Kolonisations- und Versklavungspolitik stand, wie zentral auch für Stalins Imperiumsbildung, wie oft, verbissen und mörderisch gegen die Bevölkerung dieses Landes vorgegangen wurde, die Bauern, die Intellektuellen, zuallererst aber die Juden, die Welle auf Welle Vernichtungsorgien über sich ergehen lassen mussten, das ist bei uns – ist auch bei mir – nie so richtig angekommen. Ganz unverständlich ist mir, wieso im kollektiven Bewusstsein der Deutschen die Idee der Kriegsschuld aus dem Zweiten Weltkrieg sich exklusiv auf Russland richtet, und die Ukraine, die deutlich mehr unter dem Wüten der deutschen Unterwerfungspolitik gelitten hat, überhaupt nicht wahrgenommen wird.

Die Ukraine war zentral in der Entwicklung der Vernichtungspolitik Deutschlands gegen die Juden. Wir alle wissen von Auschwitz. Babyn Jar ist schon viel weiter weg. Korjukiwka so gut wie unbekannt, obwohl das die Übungsgelände für den späteren industriellen Massenmord waren.

Schwer vorstellbar aber auch ist, wie sehr die Ukraine unter der Stalin’schen Russifizierungspolitik gelitten hat. Der “Holodomor” – das absichtliche und systematische Aushungern und Verhungernlassen der Menschen in der “Kornkammer” Europas, die systematische Liquidierung ukrainischer Sprache, Kultur und Eigenständigkeit (und auch wieder der Juden) spielt für die Haltung der Ukrainer gegenüber Russland auch heute eine Rolle.

Das Buch Ukraine verstehen ist eine Aufsatzsammlung. Die einzelnen Beiträge eröffnen Einsichten in eine Vielzahl verschiedener Aspekte dieses komplexen Lands mit seiner schwierigen Geschichte. Dabei werden Widersprüche sichtbar. Figuren wie Bandera tauchen auf, der einen ukrainischen Nationalstaat zu einer Zeit anstrebte, als dies – eingeklemmt zwischen Hitler und Stalin – ein Ding der Unmöglichkeit war, der im Übrigen glühender Antisemit war und einen Pakt mit Hitler schloss, und der heute von Putin als ein Kronzeuge angerufen wird, dass die ganze Ukraine ein faschistischer Staat sei.

Und dann – nur als Randbemerkung – gibt es eine in den Verwerfungen des 20. Jahrhunderts weitgehend verlorengegangene Geschichte deutscher Besiedelung in der Ukraine aus der Zeit der Zaren, von der ich noch nie gehört habe. Einige der Dörfer in der Nähe von Mykolajew haben neben ihrem ukrainischen auch einen alten deutschen Namen und es gibt nach wie vor deutsche Kulturvereine in der Ukraine, die alte Bräuche hoch halten.

Die Schlussfolgerung, die ich aus der Lektüre dieses Buches ziehe, ist, dass es eine ganz falsche Wahrnehmung ist, wenn man glaubt, die Ukraine sei irgendein nicht so wichtiges Land fast schon ausserhalb Europas. Vielmehr stand dieses Land im Zentrum aller Auseinandersetzungen des Zwanzigsten Jahrhunderts. Und heute, genau heute wird in diesem Land über das Schicksal Europas entschieden.

4 Abstimmungen ohne Corona

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Viel zu spät um noch viel zu bewirken, möchte ich doch kurz und knapp meine Meinung zu den vier Abstimmungsfragen zum 13. Februar zu Protokoll geben – sowie meiner Verwunderung, dass wir diesmal vollkommen Corona-freie Entscheidungen zu treffen haben.

Tierversuchsverbot

Die Volksinitiative “Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot” will alle Versuche an Tieren komplett verbieten, ebenso den Import von Produkten, die unter Nutzung von Tierversuchen entwickelt wurden, z.B. Medikamente usw. Auch etlichen engagierten Tierschützern geht diese Initiative zu weit, sie hat es tatsächlich geschafft, bei einer Abstimmung im Nationalrat mit 195:0 Stimmen abgelehnt zu werden. Denjenigen, die wie ich in Tierversuchen ein tatsächliches Problem sehen, sei ein Interview mit Julika Fitzi, Leiterin der Fachstelle Tierversuche beim Schweizer Tierschutz (STS) empfohlen (Die Tierversuchsverbotsinitiative ist zu kurz gedacht)

Tabakwerbung

Eine wesentlich knappere Mehrheit gab es im Nationalrat gegen die Volksinitiative “Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung” (101:88 bei 7 Enthaltungen). Die Initiative will Tabakwerbung (und auch Werbung für elektronische Zigaretten) überall dort verbieten, wo Jugendliche mit ihr in Kontakt kommen könnten.

Zwei Argumente, die beide im Abstimmungsbüchlein stehen, sind für mich dabei ausschlaggebend: “Etwa die Hälfte der heutigen Raucherinnen und Raucher haben vor dem 18. Altersjahr täglich geraucht” (S.25), und “Die Schweiz schränkt Tabakwerbung viel weniger stark ein als die allermeisten Länder in Europa”.

Ich finde, jeder (Erwachsene) hat das Recht, sich zugrunde zu richten, wie er oder sie mag, aber es gibt keine Rechtfertigung, Kinder und Jugendliche mit Werbung dazu zu verführen. Dass die Zigarettenfirmen nicht mehr wissen, wohin mit ihrem Geld, wenn sie’s nicht mehr in die Werbung stecken können – damit müssen sie selbst fertig werden.

Stempelabgaben

Abgesehen davon, dass schon der Begriff klingt wie aus dem 17. Jahrhundert, geht es wirklich um einen relativ begrenzten Sachverhalt: Wenn eine Firma neues Kapital aufnimmt (z.B. durch die Ausgabe von Aktien), muss sie heute 1% dieses neu aufgenommenen Kapitals als Steuer berappen (sofern es sich um mehr als 1 Mio SFr handelt). Das Geld, das dadurch eingenommen wird, ist ebenso begrenzt wie die Anzahl Firmen, die davon betroffen sind. Die Steuer ist so was wie ein Schweizer Unikum (ach ja, auch in Griechenland und Spanien gibt es vergleichbares).

Betroffen sind von dieser Steuer ca. 4% der Schweizer Unternehmen, und zwar typischerweise kleine (Start-Ups), die viel Kapital aufnehmen müssen und unter der Steuer stöhnen, und grosse (v.a. Finanzkonzerne), die mit Kapitalaufnahmen jonglieren. Ganz schön dargestellt wird die Sache in einem Clip der SRF (So funktioniert die Stempelsteuer)

Im Abstimmungskampf wird jetzt diese Angelegenheit aufgebauscht als eine fundamentale links-rechts Schlacht, und jede der Seiten trägt ihre Feindbilder vor. Sie ist es aber nicht wert. Die Welt wird weder besser, wenn die Steuer abgeschafft wird, noch wenn sie bleibt. Es gibt hier einfach kein Problem, das seiner Lösung harrt. Deshalb werde ich zur Entscheidung eine Münze werfen.

Mediengesetz

Während es beim letzten Punkt kein Problem gab und deshalb jede “Lösung” so gut war wie die andere, besteht bei der Entwicklung der Medienlandschaft tatsächlich dringender Handlungsbedarf. Allerdings bin ich überhaupt nicht überzeugt, dass das vorgeschlagene Medienpaket mehr leisten kann, als den politischen Akteuren das gute Gefühl zu geben “etwas getan” zu haben.

Der Medienkonsum der Menschen ändert sich, lokale Nachrichten verlieren rapide an Bedeutung, junge Menschen lesen keine Zeitungen mehr sondern erhalten “breaking news” auf Internetportalen, Qualitätsjournalismus lässt sich kaum noch finanzieren, und wenn, dann nur in ganz wenigen Zentren. Das hat Auswirkungen auf den Zusammenhalt der Gesellschaft, die Informiertheit und auch die Qualität direkt-demokratischer Entscheidungsfindung. Deshalb können diese Veränderungen der Politik nicht gleichgültig sein.

Trotzdem hat mich das vorgeschlagene Paket nicht überzeugt. Dass das Stopfen von Papier in Briefkastenschlitze subventioniert wird, dass online-Medien nach sonderbaren Kriterien Geld bekommen sollen usw. wird diese Probleme nicht lösen, allenfalls kurzzeitig überkleistern. Sehr aufschlussreich fand ich die Stellungnahme des Sekretariats der Wettbewerbskommission (Vorsicht, schwere, aber lohnenswerte Kost! Ämterkonsultation, PDF)

Die Verlage müssen von dem Abo-zentrierten Geschäftsmodell, das die Papierzeitung abbildet, auf ein Content-Modell übergehen, so wie auch die Musikindustrie im Zeitalter von MP3 das tun musste. Sonst wird das alles nix, und wir werfen nur einer sterbenden Branche Geld hinterher. (Ich hab mich im Mai 2019 schon mal gründlicher mit dem Thema befasst, wer interessiert ist, mag dort nachlesen: Digitaler Druck auf die Presse). Also: gewogen und zu leicht befunden.

Die Mühen der Demokratie

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Drei eidgenössische, eine kantonale und vier städtische Vorlagen werden uns diesmal vorgelegt. Eigentlich verdient jede, dass man sich gründlich mit der Materie auseinandersetzt, aber die Aufmerksamkeit verteilt sich diesmal auf so viele Themen, dass man kaum hinterher kommt.

Zunächst zu den eidgenössischen Vorlagen.

1. Pflegeinitiative

Im Bereich der Pflege gibt es in der Schweiz drei Problemfelder:

  • Es gibt unbesetzte Stellen, weil es zu wenig Ausbildung gibt, bzw. die Schweiz ist auf Anwerbung ausgebildeter Pflegefachkräfte aus dem Ausland angewiesen.
  • Viel zu viele Pflegende verlassen nach wenigen Jahren ihren Beruf, weil sie die Arbeitsbedingungen nicht aushalten, dazu gehört auch schlechte Bezahlung, aber vor allem Notfallschichten, zu viele Betreute pro Betreuungskraft usw.
  • Die Pflege befindet sich am unteren Ende der Hackordnung im Gesundheitswesen, darf oft nicht selbständig arbeiten und ist weitgehend auf Anordnungen der Mediziner angewiesen (obwohl sie oft die Patienten besser kennen).

Das alles will die Initiative ändern und weist dem Bund die Aufgabe zu, für genügend diplomierte Pflegekräfte, gute Arbeitsbedingungen, bessere Abgeltung, berufliche Entwicklungsmöglichkeit und direkte Abrechnung mit den Kassen zu sorgen.

“Halt”, sagt da die Mehrheit im Parlament, das geht zu weit. Ausbildungsoffensive ja, das ist in einem Gegenvorschlag enthalten, der auch schnell in Kraft treten könne (aber nur, wenn die Initiative abgelehnt wird), aber Arbeitsbedingungen und das ganze andere Gedöns sollen die Pflegekräfte doch weiterhin mit den Spitälern, Heimen und Spitexorganisationen auskaspern.

Dazu fallen mir nur zwei Dinge ein: Erstens, die Angehörigen der Pflegeberufe sind gut darin, andere zu betreuen, aber sauschlecht darin, ihre eigenen ständischen Interessen durchzuboxen. Sie sitzen notorisch am kürzeren Hebel und kommen gegen Krankenkassen, Heim- und Spitaldirektionen niemals an. Ergebnis: Individuelles Resignieren und Abstimmen mit den Füssen, genau wie das jetzt passiert. Zweitens, wenn es der Parlamentsmehrheit nicht darum ginge, ihre Ausbildungsoffensive als Erpressungsinstrument gegen die Initiative einzusetzen, sondern tatsächlich die Situation zu verbessern, würde nichts und niemand dagegen sprechen, diese auch bei Annahme der Pflegeinitiative schnell zu implementieren. Deshalb ein eindeutiges ja.

2. Justiz-Initiative

Nach dieser Initiative sollen die Bundesrichterinnen und Bundesrichter nicht mehr wie bisher vom Parlament gewählt, sondern aus einer Gruppe von vorher auf ihre Qualifikation geprüften Kandidaten per Los bestimmt werden.

Die Initiative geht zurück auf Adrian Gasser, einen typisch Schweizer Eigenbrötler, der mehr oder weniger im Alleingang diese Initiative zustande gebracht hat (im Echo der Zeit gab es 2019 einen interessanten Bericht über ihn und seine Initiative), und das typisch Schweizerische ist, dass so jemand es soweit bringen kann, dass das ganze Land über seine Idee abstimmt, ähnlich wie bei der Hornkuh-Initiative vom November 2018.

Ich muss gestehen, dass ich klammheimlich ein wenig Sympathie für diese Initiative habe. Nicht nur werden die Bundesrichter heute aus den Reihen der Parteien aufgestellt und gewählt, sie müssen sich auch nach sechs Jahren der Wiederwahl durchs Parlament stellen (und werden in aller Regel auch wieder gewählt), aber das begrenzt schon ihre Unabhängigkeit. Und die “Mandatssteuer” – die Abgabe, die sie für ihre Partei zu zahlen haben als Gegenleistung für ihre Aufstellung, halte ich schlicht für sittenwidrig.

Dass die Parteien alle unisono gegen die Initiative zu Felde ziehen, kann ich nachvollziehen und muss man nicht allzu ernst nehmen: ihr Einfluss würde geschmälert. Trotzdem glaube ich, dass man dem Vorschlag bei etwas Nachdenken nicht zustimmen kann. Vor allem, dass diese Losentscheidung quasi auf Lebenszeit (genauer: bis fünf Jahre nach Erreichen des Rentenalters) gelten soll, bringt ein Ausmass von Unberechenbarkeit in den Prozess, der selbst mir zu hoch ist. Also – schweren Herzens: nein.

3. Covid-19-Gesetz

Die kommende Abstimmung über die neuesten Änderungen zum Covid-19-Gesetz (wohlgemerkt, das sind die Änderungen, die das Parlament am 19. März 21 beschlossen hat; danach am 13. Juni 21 haben wir über die Fassung abgestimmt, die bereits am 25. September 2020 vom Parlament beschlossen worden war; Corona bringt etwas völlig ungewohntes und neues in die Schweizer Politik: Tempo!), also diese kommende Abstimmung hat für mich zwei ganz unterschiedliche Aspekte, und ich weiss nicht mal, welcher langfristig der wichtigere ist.

Der eine Aspekt betrifft die Pandemiebekämpfung: Sind die vorgeschlagenen Massnahmen notwendig, hinreichend und geeignet, die Gesellschaft und ihr Funktionieren vor der Pandemie zu schützen? Darüber gleich mehr.

Der andere Aspekt bezieht sich darauf, was derzeit in unserer Gesellschaft passiert. Dass wir nämlich aufhören, miteinander zu reden. Dazu sind die Umfrageergebnisse im Vorfeld der Abstimmung sehr interessant. Sie unterscheiden sich nämlich strukturell von denen anderer Abstimmungen insofern, als es fast keine Halb-überzeugten und Unentschlossenen gibt. Es gibt eine solide Pro-Mehrheit von 70-80% sowie eine “bekennende” Contra-Minderheit von ca. 15% über alle Parteien mit Ausnahme der SVP (da ist es umgekehrt, wenn auch weniger ausgeprägt), aber jeder scheint sich in seiner Meinung eingemauert zu haben. Das war bereits in der ersten Welle der Umfrage der Fall.

Mein Eindruck ist, dass die Argumente der Gegenseite zunehmend als absurd, nicht des Nachdenkens wert, und das Ergebnis alternativ von verschwörungsgläubigen Aluhüten oder ferngesteuerten Regierungsbütteln wahrgenommen werden.

Ich werde im Folgenden begründen, warum ich für die Annahme des Covid-Gesetzes bin. Ich habe Rolf Bänteli, einen regelmässigen Leser dieses Blog, den ich für einen vernünftigen, informierten und gebildeten Menschen halte, und der eine radikal andere Sicht auf das Thema hat, gebeten, mir einen kurzen Text zu liefern und seine Position zu begründen. Sein Text findet sich am Ende dieses Blog. Ich stimme seinen Thesen und vor allem seinen Schlussfolgerungen nicht zu, finde es aber wert, sie zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen.

Worum geht es in dem Gesetz?

  • Finanzielle Hilfen für eine lange Liste von Menschen und Organisationen, die unter den corona-bedingten Einschränkungen zu leiden hatten und haben. Dagegen kann niemand etwas haben
  • Das Contact-Tracing bleibt in der Kompetenz der Kantone, aber der Bund stellt ein schweizweit funktionierendes System zur Verfügung. Wenn man nicht der Meinung ist, dass überhaupt kein Tracing stattfinden soll, ist es selbstverständlich sinnvoll, dass dieses Tracing nicht lokal begrenzt ist. Das wäre plemplem. Ich habe mich lange geärgert, dass die Schweiz und Deutschland zwei auf der selben Technologie beruhende aber inkompatible Systeme hatten, die mich bei jedem Grenzübertritt im Stich liessen; das wurde inzwischen gefixt, so dass meine Schweizer App auch in Deutschland funktioniert. Zum Glück. Die Vorstellung, dass mit diesem Tracing “chinesische Zustände” in der Schweiz Einzug halten, ist irgendwelchen Fieberträumen geschuldet, hat aber mit der Realität nichts zu tun.
  • Das Covid-Zertifikat (einheitlich und fälschungssicher) halte ich für eine Wohltat, die mir erlaubt, mich sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Schweiz freier zu bewegen, und die ich nicht missen möchte. Sicher gibt es ungelöste Fragen rund um das Zertifikat: Was ist mit dem Auslaufen des Impfschutzes, mit Booster? Sollten die Tests vielleicht doch weiterhin kostenfrei angeboten werden?
  • Und schliesslich bleibt das “Impf-Privileg“. Interessant finde ich die Stellungnahme des Referendumskomitees, wo beklagt wird, “dass die strengen Quarantänevorschriften ausschliesslich für Menschen gelten, die sich nicht impfen lassen wollen oder können. Gleichzeitig sollen Einschränkungen für Geimpfte aufgehoben werden […] Das ist pure Diskriminierung.” – Ich schliesse daraus, sie hätten weniger Probleme, wenn die “strengen Quarantänevorschriften” für alle gälten. Ich sehe darin keinen Vorteil.

Meine Schlussfolgerung: Selbst wenn ich der Meinung wäre, dass die Covid-19 Erkrankung weniger schlimm ist als viele behaupten, selbst wenn ich mich aus persönlicher Überzeugung entschliessen würde, mich nicht impfen und stattdessen regelmässig testen zu lassen, könnte ich dem Gesetz zustimmen; die apokalyptischen Vorstellungen dass der Bundesrat mit diesem Gesetz “die Kontrolle über das gesamte Leben der Bürger” erhält halte ich für komplett abwegig. Deshalb stimme ich dafür.

Für den Kanton Zürich gibts diesmal nur eine Vorlage,

Das Energiegesetz

Langsam werde ich in dieser Frage richtig nervös. Schon die Ablehnung des CO2-Gesetzes im Mai war für mich eine grosse Enttäuschung. Dann kamen die Überschwemmung im Ahrtal, Hitzewellen in Alaska und Kanada, Brände in Sibirien, Rekordtemperaturen hier und dort, usw. usf. Es hört nicht auf.

Deshalb habe ich hier zur Einstimmung ein Video eingefügt, in dem Harald Lesch in ziemlich drastischer Weise darüber spricht, in welcher Situation wir uns weltweit befinden. Ich kanns nur empfehlen.

Klimakatastrophe, Klima-Angst, Klimaschutz

Nun zur Vorlage selbst: Öl- und Gasheizungen, die im Kanton 40% der klimabelastenden CO2-Emissionen verursachen, sollen – nicht jetzt, nicht bis 2030 – “am Ende ihrer Lebensdauer” durch klimaneutrale Heizungen ersetzt werden. Mit einem Haufen Ausnahmeregelungen: falls die Kosten der klimaneutralen Heizung über die Lebensdauer um mehr als 5% höher ausfallen und andere Härtefallregelungen. Die Gegner des Gesetzes vom Vermieterverband haben schnell festgestellt, dass es aufwendig sein kann, alle Lücken zu finden, durch die man schlüpfen müsste, wenn man partout weiter fossilen Kohlenstoff verheizen will (Wie will man a priori wissen, wie hoch die Kosten über die gesamte Lebensdauer von 20 Jahren sein werden? usw.). Sie nehmen das als Kritik am Gesetz. Mir gefällts.

Mein Problem ist ein anderes: Ich habe mich bei unserer Hausverwaltung erkundigt und die einerseits beruhigende, andererseits besorgniserregende Nachricht bekommen: “Die (Gas-)Heizung in der Liegenschaft ist neueren Datums (2016). Somit können wir die nächsten 15 – 20 Jahre noch ‘zuwarten’ und sind nicht in einem Zugzwang.” – Ob das so eine gute Idee ist?

Ich werde dem Gesetz auf jeden Fall zustimmen.

Für die Stadt Zürich haben wir diesmal vier Vorlagen, wobei zwei eng zusammengehören

1. & 2. Kommunale Richtpläne

Ja; mach nur einen Plan
Sei nur ein grosses Licht!
Und mach dann noch 'nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.
(Bert Brecht, Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens) 

Zur Abstimmung stehen der “Kommunale Richtplan Siedlung, Landschaft, öffentliche Bauten und Anlagen”, sowie der “Kommunale Richtplan Verkehr”. Beide beziehen sich aufeinander. Beim Versuch, herauszufinden, worum es überhaupt geht – die beiden Richtpläne sind nicht in den Abstimmungsunterlagen enthalten – wurde mir bald klar, warum: der eine umfasst 170 Seiten, der andere 77 Seiten. Viel Spass beim Lesen!

Weil die Texte so ellenlang und sperrig sind, die kurzen Contra-Voten von FDP und SVP dagegen so holzschnittartig und unernsthaft wirken (“Wollen wir eine Stadt wie zu DDR-Zeiten?”) und ich ausserdem von der Tatsache geplättet war, dass eine grosse Zahl Ratsmitglieder, die diese Pläne selbst verabschiedet haben, gegen sie das “Parlamentsreferendum” ergriffen haben, habe ich in meinem Nachtcafé Sven Sobernheim, einen der Gemeinderäte, die an der Ausarbeitung der Pläne von Anfang an dabei waren, gebeten, uns das Zustandekommen, den Sinn und das Abstimmverfahren zu erläutern.

Ich fühle mich trotz seines anschaulichen und interessanten Berichts immer noch ein wenig überfordert, aber mein Résumé ist wie folgt:

Beide Pläne sind eingefügt in ein komplexes System nationaler, kantonaler und regionaler Pläne, sind das Ergebnis jahrelanger Fleissarbeit und unzähliger Einwendungen und versuchen, die Stadtentwicklung zu beschreiben und Orientierung für die Verwaltung zu geben, wobei man von einem (für meine Verhältnisse) eher bescheidenen Bevölkerungswachstum von 25% über die nächsten 20 Jahre ausgeht und versucht, bereits durch Abstimmungen beschlossene Entscheidungen (z.B. Velo-Initiative 2020 usw.) in die Planung einzubauen. Wichtig ist noch, dass sie sich an die Verwaltung richten; sie “entfalten keine Rechtswirkung für Private”. Und: auch den Verfassern dieser Pläne ist klar, dass es erstens anders kommt zweitens als man denkt, deshalb verstehen sie diese “als rollende Planung”, die “mindestens alle vier Jahre einer Teilrevision unterzogen werden” soll. Na, ich freu mich schon. Einen einigermassen verdaulichen Überblick in die Ideen, die den Plänen zugrunde liegen, gewinnt man aus dem Faltblatt “Zürich 2040”, das hier gezeigt und verlinkt ist.

Die Einwände, die von FDP und SVP vorgebracht werden, kann ich nicht wirklich ernst nehmen. Wenn man schon bei der Velo-Initiative dagegen war und sich jetzt ereifert, dass die Verwaltung den Mehrheitswillen umsetzen will, wenn man den “historischen Parkplatzkompromiss” von 1996 höher gewichtet als die Herausforderungen des Klimawandels auch für die Verkehrsgestaltung, wenn man Enteignungen an die Wand malt wo gar keine Rechtswirkung für Private existiert, da zeigt man, dass man den kommenden Wahlkampf vorspurt, statt sich auf Lösungen einzulassen.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Sowohl FDP als auch SVP entdecken ihr Herz für den öffentlichen Verkehr und beklagen, dass die grossflächige Einführung von Tempo 30 diesen verlangsamt. Das wäre natürlich schlecht, deshalb habe ich Sven gefragt. Er meint: “Der ÖV fährt in der Stadt selten über 30 km/h. Als Beispiel kann ich dir die Strecke Höngg – Wipkingerplatz liefern. Dort hat das Tram aktuell mehrheitlich als Maximalgeschwindigkeit 30 oder kleiner signalisiert. An wenigen Stellen darf es bis zu 42 fahren, aber fährt in der Regel nicht über 36. Von daher sind die Zeitverluste gegenüber der Lärmreduktion zu gewichten und da ist für mich die Lärmreduktion von MIV deutlich relevanter als die paar Minuten. Der ÖV in der Stadt, also Bus und Tram, gewinnen nicht wegen der Geschwindigkeit.”

Ich werde den Plänen jedenfalls zustimmen. Wenn meine Zustimmung etwas weniger als begeistert ist, dann deshalb, weil ich nicht überzeugt bin, dass Gegenstände wie diese für eine direktdemokratische Abstimmung geeignet sind, und eine solche durch den Missbrauch eines “Parlamentsreferendums” (das ja eigentlich dafür gedacht ist, dass die unterlegene Seite des Parlaments das Volk anrufen kann) erzwungen werden sollte.

3. Fernwärmeversorgung

Zu den bestehenden ca. 25% der Haushalte in Zürich, die mit Fernwärme versorgt werden, sollen bis 2040 Gebiete in Wipkingen, Oberstrass, Unterstrass und andere hinzugefügt (in der Karte blau eingefärbt) und damit diese Zahl auf 30% erhöht werden (wir selbst gehören nicht dazu).

Mal wieder gab es im Gemeinderat eine Abstimmung “Alle gegen die SVP” (102:17), und ich werde auch für die Vorlage stimmen. Ich habe aber einige Bedenken, die ich hier teilen möchte.

Fernwärme ist im Prinzip eine Super-Sache als dezentrales Konzept. Die Quelle dieser spezifischen Fernwärme ist das Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz, und das hat ein paar Probleme.

1. Die Energie dieses Kraftwerks stammt zu 65% aus der Kehrrichtverbrennung, zu 20% aus Erdgas und Heizöl, zu 15% aus Holz [stadt-zuerich.ch]. Ist das klimafreundlich? Wie man’s nimmt. Angesichts des beschlossenen Ziels, bis 2040 auf Stadtgebiet auf Netto-Null bei der Treibhausgasemission zu kommen, muss hier noch mehr getan werden. Das wird laut Prospekt auch angestrebt, ist aber nicht Bestandteil dieser Abstimmung. Hoffen wir also.l

2. Mit einer Kapazität von 230 000 bis 240 000 Tonnen Abfall pro Jahr ist Hagenholz die grösste Müllverbrennungsanlage in der Schweiz [stadt-zuerich.ch]. Und die Zürcher schmeissen auch etliches in die Tonne. Aber nicht genug. 2016 waren es ca. 72’000t. In Hagenholz landeten aber 242’000t. Die Differenz kam von ausserhalb der Stadt.

Mit teilweise offenbar überregionalen Müll-Importen und der Abhängigkeit, dass man, damit es im Winter warm wird, genug Müll produzieren muss, scheint mir nicht die Fernwärme an sich, aber diese Fernwärme (mit Müllverbrennung generiert, mit fossilen Brennstoffen angereichert, zentralisiert) eine problematische und nur bedingt nachhaltige Komponente von Klimapolitik zu sein.

4. Wohnsiedlung Hardau I

Am Hardaupark sollen entlang der Hardstrasse drei Gebäude mit heute 80 kleinen Wohnungen (rot markiert) abgerissen und durch ein neues Ensemble mit 122 grösseren Wohnungen ersetzt werden.

Alle stimmen dem Projekt zu (Gemeinderat 98:17) bis auf die SVP, die in ihrer auffallend lustlos geschriebenen Minderheitsmeinung genau die Dinge als “klientelgerecht” kritisiert, die die Mehrheit als wegweisend für die Erfüllung der urbanen Wohn- und Lebensbedürfnisse herausstreicht: Minergie-Standard, Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, Kindergarten, 1/3 der Wohnungen subventioniert, wenig Auto-Parkplätze, dafür viele für Velos. (Einen Artikel zu dem Projekt, auch zur Frage, was mit den bisherigen Bewohnern der Gebäude passiert, gab es im Tagi.) Die von der SVP gewitterte “Klientel” sind offenbar die Menschen, die nicht SVP wählen, und das ist in Zürich eine deutliche Mehrheit.

Anhang: Stellungnahme von Rolf Bänteli zum Covid-Gesetz

In meinem ersten Beruf bin ich promovierter Chemiker und habe 15 Jahre als Laborleiter Pharmaforschung bei Ciba-Geigy und Novartis gemacht. Ich werde beim Covid-Gesetz nein stimmen.

Ich möchte zuerst nochmal in Erinnerung rufen, womit wir es gemäss meinem Wissensstand zu tun haben:

  • Die Corona-Grippe ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, deren Letalität bei ca. 0.1% bis 0.5% liegt, was mit einer mittelstarken Grippe vergleichbar ist.
  • Das Medianalter der Verstorbenen liegt bei über 80 Jahren, also im Bereich der normalen Lebenserwartung, und 96% der Verstorben litten an mindestens einer Vorerkrankung.
  • Die Spitäler waren in den ganzen eineinhalb Jahren wie seit Jahren üblich im Winter sehr gefordert aber nicht überlastet
  • Derzeit gibt es keine Übersterblichkeit.
  • Ca. 95% aller mit dem Coronavirus infizierten Personen entwickeln milde oder moderate Symptome und müssen nicht hospitalisiert werden. Eine Frühbehandlung kann schwere Verläufe reduzieren.
  • Zertifikate (Imfpässe) sind in vielen Ländern verboten.

Ich stimme gegen das Covid-Gesetz, weil ich Zertifikatspflicht und den damit verbundenen Druck, sich zwei mRNA-Injektionen verabreichen zu lassen, als nicht zielführend erachte.

Wenn eine Massnahme wie eine Zertifikatspflicht ergriffen wird, muss sie ein messbares Ziel haben, an dem man ablesen kann, ob die Massnahme effektiv ist und das Ziel erreicht wurde, damit sie dann wieder aufgehoben werden kann. Das Covid-Zertifikat hat kein messbares Ziel, und somit bleibt es im Ermessen der Regierung, ob und wann diese Massnahme aufgehoben werden wird. Sie hat sich sozusagen verselbständigt und ist willkürlich. Dazu sage ich nein.

Für die mRNA-Injektionen wird der positiv besetzte Begriff “Impfung” verwendet. Das ist irreführend, denn die mRNA-Injektion ist eine genbasierte Therapie und somit ein grundsätzlich anderer Wirkmechanismus als eine klassische Impfung mit einem abgeschwächten Virus. Um eine neue Impfung auf dem Markt zu bringen, braucht es eine Entwicklung, die wegen der Langzeitstudien mindestens 8 Jahre dauert. Nicht so hier: diese mRNA-Wirkstoffe wurden in nur 1 Jahr entwickelt und zugelassen. Man kann darum noch nichts wissen über die Langzeitwirkungen. Über den Einfluss auf die Fertilität, über das allfällige Auftreten von Autoimmunerkrankungen oder Krebs ist noch nichts bekannt. Diese Wirkstoffe stecken noch in einem experimentellen Stadium. Man kann nur hoffen, dass alles gut geht.

Ich persönlich finde das Risiko, diese Wirkstoffe einem Grossteil der Bevölkerung zu geben, einfach zu gross. Insbesondere ist es für mich schlicht unverantwortlich, dass junge Menschen zu diesen mRNA-Injektionen animiert werden. Dazu sage ich nein.

Rolf Bänteli, Dr. sc. nat.

Sonnenstich für alle!

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Am 26. September wird wieder abgestimmt, und diesmal machen es die direktdemokratisch waltenden Kräfte dem Schreiber einfach, eine Meinung zu fassen und sie auch aufzuschreiben. Hier ist sie:

Eidgenössische Vorlagen

Ehe für alle

Paare gleichen Geschlechts sollen dieselben Rechte haben wie Paare verschiedenen Geschlechts. Auch sie sollen heiraten können.

Zugegeben: Mein erster Reflex war: Was geht mich das an? Sollen die doch machen, was sie wollen!

Aber selbst mir als altem weissen Hetero-Mann ist klar, dass es genau deshalb um Grundsätzliches geht. Über Adoption, Fortpflanzungsmedizin, Ehegattensplitting, “Heiratsstrafe” und dergleichen kann und muss man ja debattieren (und wir haben am 20.09. ein spannendes Treffen in meinem Nachtcafé mit Bruno Imthurn zur Reproduktionsmedizin). Aber dass in diesen Fragen andere Regeln gelten sollen je nach sexueller Orientierung ist durch gar nichts zu rechtfertigen. Die Aussage der Gegner im Abstimmungsbüchlein, “die Verwurzelung in der Ursprungsfamilie” (gemeint sind die biologischen Eltern) sei “für die kindliche Identitätsbildung zentral” empfinde ich als persönliche Beleidigung. Danke, meine Identitätsbildung hat auch so stattgefunden, obwohl meine Mutter alleinerziehend war und ich ohne Vater aufwuchs. Und wie mich das was angeht!

Die 99% Initiative

Nicht ganz so entschieden bin ich bei der von den Jusos lancierten Volksinitiative “Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern”. Die Initiative will, dass es auf Kapitaleinkommen eine leichte Steuer-Progression gibt. Diese Initiative bedient mal wieder die links-gegen-rechts-Frontlinie (was in der Schweiz ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen ist), und selbst wenn sie durchkommt, wird sie keine grossen Auswirkungen haben. Aber jetzt erlaubt sie allen Beteiligten, laut auf ihre Blechtöpfe zu schlagen, Kampagne zu machen und die Parolen zu rufen, die sie sowieso immer rufen – sehr vorhersehbar.

Unter diesen Stimmen gefiel mit Rudolf Strahms Kommmentar im Tagi (ich finde Strahm immer lesenswert, wenn er nicht über die EU schreibt): “Die von der Initiative vorgeschlagene Progression auf den Sondereinkommen der Kapitalerträge ist im Vergleich zum Ausland geradezu niedlich: Selbst wenn die 99-Prozent-Initiative in Bund und Kantonen angenommen und umgesetzt würde, wäre die Steuerbelastung der hohen Einkommen immer noch tiefer als in Deutschland, Frankreich, Österreich und in den USA!”

Städtische Vorlagen

Neubau Wache Nord

Feuerwehr und Rettungsdienst sollen – so die Vorgabe – im Notfall in zehn Minuten am Einsatzort sein, wenns knallt oder brennt oder absäuft. Das ist in Zürich derzeit nicht gegeben, und deshalb soll in Oerlikon eine neue Wache Nord gebaut werden (Erklärvideo, 3 min). Grundsätzlich sehen alle die Notwendigkeit ein, wenn auch einige meinen, die Stadt würde wieder mal etwas zu grosszügig mit den Steuergeldern umgehen, weshalb die FDP “Stimmfreigabe” beschlossen hat und die GLP nur “mit einem unguten Gefühl im Magen” zur Zustimmung aufruft. Ich selbst bin der Meinung: Das ist einer der Schwachpunkte bei der direkten Demokratie Schweizer Fassung, dass das Volk erst ganz am Ende des Prozesses nur “ja” oder “nein” sagen kann und nicht: Was hätte man besser machen können?

Deshalb geht es bei Abstimmungen wie dieser nur darum, die Dinge durchzuwinken, es sei denn, sie sind so schlecht, dass man die Notbremse ziehen und das gesamte Verfahren zurück auf Null setzen muss. Das ist hier sicher nicht der Fall, deshalb von mir: ein klares Ja.

Besonnungsinitiative

Zuletzt noch etwas lustiges: Gerade gestern meldete das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus, dass 2021 Europas bislang heissester Sommer ist (insgesamt, mit grossen Unterschieden zwischen einem extrem heissen Süden und regnerisch-kühlem Norden und Mitte), und mit einem neuen Rekord von 48,8°C auf Sizilien. Tendenz: weltweit weiter steigend, weil wir ja das 1,5°-Ziel grade mächtig versemmeln.

Und worum kümmern sich die Stadtzürcher Grünen? Dass doch ja nicht die Grünanlagen um den See zu sehr beschattet werden! Und unterstützen die Initiative des Herrn von Matt, entsprechend der “der Aspekt der Besonnung allen anderen Interessen und Zielsetzungen vorangestellt” werden soll. Haben die jetzt schon einen Sonnenstich?

Das CO2-Gesetz und einige andere

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Vor uns liegt wieder mal ein Monster-Abstimmungs-Sonntag. Fünf nationale, drei kantonale und drei städtische Entscheidungen haben wir in Zürich zu treffen. Bei einigen Entscheidungen bin ich mir ziemlich oder sehr sicher, bei anderen fühle ich mich hin- und hergerissen. Weil die Unterlagen bereits verschickt wurden, nehme ich hier schon mal zu den fünf nationalen Entscheidungen Stellung.

Die wichtigste Abstimmung ist in meinen Augen das CO2-Gesetz, das unbedingt angenommen werden sollte, gefolgt vom Terrorismusgesetz, das ich dringend zur Ablehnung empfehle. Aber der Reihe nach.

Die “Trinkwasserintiative” und die “Pestizidinitiative” gehen das selbe Grundproblem (zu viele Schadstoffe aus landwirtschaftlicher Produktion) von zwei unterschiedlichen Richtungen an.

Die Trinkwasserinitiative möchte die Zahlung von Steuergeldern an Landwirte davon abhängig machen, dass diese keine Schadstoffe freisetzen. Die Pestizidinitiative möchte die Nutzung von bestimmten Schadstoffen („synthetische Pestizide“) generell verbieten, und zwar nicht nur in der Landwirtschaft, und nicht nur den Einsatz im Inland, sondern auch den Import von Produkten, die mit solchen Schadstoffen erzeugt wurden. Die erste arbeitet also mit (dem Wegfall von) Anreizen (nur für Schweizer Landwirte), die zweite mit Verbot (auch bei Importen), weshalb beispielsweise Vertreter der grünliberalen Partei die erste für mit einer liberalen Wirtschaftsordnung verträglicher halten als die zweite.

Ich finde, so einfach ist das nicht.

1. Trinkwasserinitiative („Volksinitiative für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung“)

Bei der Trinkwasserinitiative geht es um mehr als das Trinkwasser.

  • Pestizideinsatz,
  • mehr Nutztiere auf dem Hof, als auf dem eigenen Grund ernährt werden können, und
  • der vorbeugende Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung:

sollen dazu führen, dass staatliche Direktzahlungen gestrichen werden.

Alle drei genannten Punkte treffen jeweils ein Problem. Die Folgen der Annahme dieser Initiative wären aber dramatisch. Dazu ein paar Fakten.

  1. Die Agrarwirtschaft folgt in der Schweiz (wie in anderen entwickelten Ländern) nicht den Regeln der Marktwirtschaft. “Selbstversorgung” ist ein politisches Ziel, deshalb wird die Landwirtschaft systematisch gepäppelt und vor internationaler Konkurrenz geschützt. Das führt dazu, dass heute durchschnittlich 47% des landwirtschaftlichen Einkommens nicht von den verkauften Produkten sondern von Direktzahlungen aus der Staatskasse finanziert werden. Wenn also einem Landwirt die Staatsknete abgedreht wird, ist der Unterschied zwischen Verbot und Anreiz eher philosophisch: Wenn er nicht den doppelten Ertrag erwirtschaften kann, geht er vom Markt.
  2. Trotz der immensen Zahlungen ist die Selbstversorgung eine Illusion. Auch wenn in der Schweiz eine Menge Tiere aufgezogen und gehalten werden, kommen fast 60% der Rohstoffe für Schweizer Kraftfutter aus dem Ausland. Wenn also schweizer Landwirte nur noch so viele Tiere halten würden, wie sie in Summe ernähren können, würde die maximale Produktion an Fleischprodukten auf 40% schrumpfen. Das mag jemand, der wie ich dem übermässigen Fleischkonsum kritisch gegenüber steht, begrüssen, wenn es aber nicht mit einer drastischen Änderung der Essgewohnheiten der Bevölkerung einhergeht, käme das einer Halbierung der Selbstversorgung von 60% auf 30% gleich mit entsprechenden Fleischimporten. (https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/themen/konsum/unsinnig-import-futter-fuer-schweizer-fleisch)

Die Förderungsstruktur der Schweizer Landwirtschaft ist ein Labyrinth von teils widersinnigen Bestimmungen, die über die Jahre von interessierten Akteuren zusammengetragen wurden. Eine in meinen Augen besonders unsinnige Bestimmung ist beispielsweise die „Getreidezulage“, die Getreideproduktion subventioniert, wenn das Getreide für Produkte verwendet wird, die exportiert werden. (https://www.schweizerbauer.ch/politik-wirtschaft/agrarpolitik/getreide-zulage-von-128-franken/).

In Summe führt has heutige Geflecht von Bestimmungen dazu, dass umwelt- und gesundheitsschädliches Wirtschaften belohnt wird, und es ist völlig richtig, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Das Grundwasser ist in Gefahr. Die importierten Futtermittel landen als Gülle im Grundwasser. Die flächendeckende vorbeugende Anwendung von Antibiotika fördert die Entstehung multiresistenter Keime und gefährdet uns alle. Alles gute Gründe, der Initiative zuzustimmen.

Die Initiative geht aber mit dem Dreschflegel auf dieses System los. Sie ist nicht umsetzbar. Und wenn sie eins-zu-ein umgesetzt würde, hätte sie den Zusammenbruch eines grossen Teils der einheimischen Landwirtschaft zur Folge.

Ich kann also mit gutem Gewissen weder für ihre Annahme noch für ihre Ablehnung plädieren. (Ich möchte auf eine recht gute Darstellung des Systems der Direktzahlungen von Valérie Sauter im Blog der Juckerfarm verweisen: https://www.juckerfarm.ch/farmticker/bauern-lexikon/subventionen-oder-direktzahlungen-teil-1/ ). Aus rein taktischen Gründen werde ich wahrscheinlich ein “ja” einlegen, weil ich nicht glaube, dass die Initiative angenommen wird, und als symbolischer Akt, um zu unterstreichen, dass nicht alles beim Alten bleiben darf.

2. Pestizidverbotsinitiative (Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»)

Von den Vertretern der Agrarchemie wird gerne der Begriff “Pflanzenschutzmittel” verwendet. Dahinter stehen unter anderem Insektizide, Rodentizide und Herbizide, also Gifte, die Insekten, Nagetiere oder unerwünschte Pflanzen vernichten. Viele davon sind Nervengifte, verwandt mit Giftgas, das im Ersten Weltkrieg entwickelt und später geächtet wurde. Auch Fungizide gegen Pilze, Bakterizide gegen Bakterien u.a. gehören zu den “Pflanzenschutzmitteln”.

Die Verbreitung dieser Stoffe verlief dabei – beginnend mit DDT – immer wieder nach dem selben Muster: Nachdem man sehr schnell die Wirksamkeit eines Pestizids feststellen konnte, wurde es in grossem Massstab eingesetzt, und teilweise Jahrzehnte später, nachdem teilweise erschreckende Langzeitfolgen bekannt wurden, wieder vom Markt genommen. Dabei wurden die Zulassungsbedingungen Schritt für Schritt verschärft, nur um Jahre später festzustellen, dass sie immer noch zu lax waren.

Da die Folgen des grossflächigen Einsatzes der Pestizide erst nach Jahren erkennbar werden, ist es zudem oft sehr schwierig, eine direkte Kausalbeziehung zwischen einem einzelnen Gift und später auftretenden Krankheiten, Bienensterben, Insektensterben, Fischsterben usw. gerichtsfest nachzuweisen, was dazu führt, dass die Verfahren teilweise jahrelang dauern, bis ein bestimmter Stoff aus dem Markt genommen wird. Dann befinden sich erhebliche Mengen des Giftes je nach Abbaubarkeit für viele Jahre im Naturkreislauf und treiben dort ihr Unwesen. Auch heute gibt es starke Verdachtsmomente (wohlgemerkt: keine Beweise), dass etliche Krankheiten wie z.B. Parkinson direkt mit Pestiziden in Zusammenhang stehen. Das Einzelfall-weise Verbot einzelner Stoffe hinkt dem angerichteten Schaden systematisch um Jahre hinterher (siehe z.B. diesen InfoSperber-Artikel: https://www.infosperber.ch/umwelt/schadstoffe/ein-pestizid-cocktail-im-blut-kranker-patienten-gefunden).

Allerdings hat die Initiative auch ein massives Problem: Sie richtet sich explizit gegen „synthetische“ Pestizide, was in meinen Augen eine ganz unklare Eingrenzung und ein ungezielter Rundumschlag ist. Das Verbot der Einfuhr von Gütern, die mit Hilfe solcher Pestizide produziert wurden, scheitert an Nachweis und Kontrolle. Am schlimmsten aber: Die Initiative schneidet Forschung und zukünftige Erkenntnis einfach ab. Gerade die gegenwärtigen mRNA-Impfstoffe sind ein Beispiel dafür, wie Neues herausgefunden wird und Probleme auf neue Weise gelöst werden. Etwas zu verbieten, nur weil es „synthetisch“ ist, negiert zukünftige Forschung ganz grundsätzlich.

Auch hier bin ich in der dummen Lage, weder ein „nein“ noch ein „ja“ guten Gewissens unterstützen zu können. Es besteht dringender Handlungsbedarf und etliche der im Verdacht stehenden Nervengifte müssen sofort aus dem Markt genommen werden. Eine wuchtige Ablehnung der Initiative, die ich kommen sehe, wird diese Aufgabe nicht einfacher machen. Vielleicht auch hier ein klammheimliches taktisches „ja“ von meiner Seite.

3. Covid-19-Gesetz

Das Covid-19-Gesetz und das PMT-Gesetz („Polizeiliche Massnahmen zur Terrorbekämpfung“ siehe unten) haben eine unvermutete Verwandschaft. Bei beiden geht es nämlich darum, ob man dem Staat – der Exekutive – weitgehende Zuständigkeiten geben soll, um ein Problem zu lösen, und ab wann das mit Rechtsstaat und Demokratie unverträglich ist. Mir wurde der Zusammenhang klar, als ich vor einigen Tagen ein Blatt des „Vereins der Freunde der Verfassung“ im Briefkasten hatte. Dort wird gegen beide Vorlagen zu Felde gezogen, und ich wunderte mich, wie ich die beiden Positionen dieses selben Vereins so völlig verschieden wahrnahm: Beim Covid-19-Gesetz bin ich komplett anderer Ansicht als der Verein, beim PMT stimme ich ihm weitestgehend zu. Verblüffend.

Zunächst zum Covid-19 Gesetz. Viele von uns hoffen ja, dass wir die Sache bald hinter uns haben. Wozu also jetzt noch ein solches Gesetz? Ich sehe das anders. Solange die Menschen nicht weltweit geimpft sind, wird das Virus wie eine komplexe Welle rund um den Erdball schwappen, zwischendrin immer mal wieder mutieren, und nach Phasen scheinbarer Ruhe an unerwarteten Stellen plötzlich zu einem lokalen Problem. Das bedeutet: Selbst wenn es gelingt, die Infektionszahlen in einem Land erfolgreich nach unten zu drücken, benötigt es Wachsamkeit, um plötzlich wieder aufkommende Ausbreitungen schnell zu erkennen und dann schnell zu handeln.
Wenn die Gegner behaupten „Das Gesetz bedeutet ein Notrechtsregime, wie wir es von den 1930er-Jahren bis 1952 bereits hatten“ verzerren sie, worum es in dem vorgeschlagenen Gesetz geht: Die Ausgleichshilfen auf eine gesetzliche Basis zu stellen, im Krisenfall schnell neue Medikamente zuzulassen. Ich kann die Argumente der Gegner nicht ernst nehmen und bin zuversichtlich, dass das von einer Mehrheit auch so gesehen wird.

4. CO2 -Gesetz

In der Diskussion um den Klimawandel gab es in den letzten zwei Jahren eine interessante Verschiebung: Die Stimmen, die uns versichern, der Klimawandel sei eine Einbildung, eine Erfindung der Chinesen, oder nicht von Menschen verursacht, sind aus der Debatte verschwunden. Die selbe Seite, die bis vor kurzem noch laut versicherte, das Ganze sei Einbildung, tritt jetzt mit Argumenten auf, weshalb es zur Bekämpfung des Klimawandels am besten sei, nichts zu tun, weil das Vorgeschlagene “teuer, nutzlos, ungerecht” sei.

Das vorliegende CO2-Gesetz ist eine Konsequenz der weltweiten Vereinbarungen zur Reduktion der Treibhausgase, der sich die Schweiz angeschlossen hat. Es ist ein Kompromiss und hat eine mehrjährige Entstehungsgeschichte. Bastien Girod hat in einer unserer „Nachtcafé“-Veranstaltungen detailliert über das Zusammenspiel von Bundesrat, Nationalrat und Ständerat berichtet. Erstaunlich ist eigentlich, wie weitgehend das ist, was dabei herausgekommen ist, selbst wenn sich sicher bald herausstellen wird, dass auch das nicht weit genug geht. Eine Ablehnung wäre aber in meinen Augen ein echtes Desaster. Die drei wichtigsten Argumente der Gegner des Gesetzes sind:

  1. Die Rettung der Erde als bewohnbarer Planet kommt zu teuer
    12 Rappen Verteuerung pro Liter Benzin und Diesel, oder bis zu 120 Franken mehr für ein Flugticket werden als unbezahlbare Zumutung genannt. Offenbar verstehen diese Leute die Dimension des Problems nicht. Damit unsere Kinder und Enkel diese Erde noch bewohnen können, muss der fossile Kohlenstoff unter der Erde bleiben. Punkt. Sicher ist es Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass es dabei nicht zu sozialen Verwerfungen kommt. Das CO2 Gesetz geht mit der Rückzahlung des eingenommenen CO2-Abgaben an alle einen guten Weg. Letztlich bedeutet das Argument der Gegner aber: Wir können uns die Erde nicht mehr leisten. Zu teuer, zu unwirtschaftlich. Zurückschicken an den Absender! Ich halte das für absurd.
  2. Die Schweiz ist selbst mit der Lupe nicht zu finden.
    Die Schweiz verursacht nur einen Bruchteil der weltweiten Belastung mit CO2; deshalb sei es auch egal, ob hier etwas passiert. Was daran stimmt: Die Schweiz ist ein kleines Land und die absolute Menge CO2, die hier ausgestossen wird, wirkt sich auf das Weltklima kaum aus. Das selbe können allerdings die Leute aus dem Bezirk Qingpu genauso sagen. Qingpu ist ein Stadtbezirk von Shanghai, und trägt mit seinen 480´000 Einwohnern nur einen winzigen Beitrag zur Verschlechterung des Weltklimas bei. Weshalb also dort etwas tun? Dieselbe Logik gilt für fast jeden anderen Punkt dieser Erde.
    Allerdings: pro Kopf befindet sich die Schweiz mit 4.2 t pro Einwohner pro Jahr ziemlich genau im weltweiten Durchschnitt. Wenn also die Menschen hier glauben, sich nicht am Kampf gegen die Erderwärmung beteiligen zu müssen, warum sollen andere das tun?

  3. Aber sind das auch die richtigen Massnahmen?
    Wären andere Massnahmen effektiver? Das ist aus meiner Sicht die einzige Frage, über die sich zu streiten lohnt. Ich glaube selbst, dass mit einer deutlichen Steuer auf fossilen Kohlenstoff „at the well or at the border“ am meisten Effekt erzielt wird. Ich bin auch überzeugt, dass eine solche Besteuerung dazu führt, dass die Menschen sehr schnell preisgünstige Alternativen entwickeln und entdecken; und dass es möglich wäre, mit weniger Micro-Management auszukommen. Aber Schwamm drüber: das, was jetzt vorgeschlagen wird, geht in die richtige Richtung, und je höher die Zustimmung zu dieser Vorlage ist, desto schneller kann diese auch noch nachgeschärft werden.

5. Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT)

Wie schon oben gesagt, geht es auch bei dieser Vorlage darum, wie viel Blanko-Zuständigkeit wir den staatlichen Stellen geben sollen bei der Lösung eines Problems. Das Problem hier ist der Terrorismus und die Tatsache, dass man nicht warten will, bis der Terrorakt begangen wurde, sondern schon im Vorfeld aktiv werden möchte. Dazu braucht man das Konzept des „Gefährders“ als eines Menschen, der nicht unbedingt straffällig geworden ist, aber von dem man vermuten kann, dass er dies werden wird. Adina Rom und Sanija Ameti haben mit uns bereits am 11. Januar im Nachtcafé die Problematik dieses Gesetzes diskutiert.

Der vorgelegte 38-seitige Gesetzestext macht es nicht einfach, die Sache komplett zu durchdringen. Mein Eindruck: das Gesetz hat eine weiche und eine harte Seite. Weich ist die Definition des Gefährders, und einige der Kritiker haben es zum Sport gemacht, darauf zu verweisen, wer durch eine entsprechend weite Auslegung der Definition alles zum Gefährder erklärt werden könnte. (Art, 23e „Als terroristische Aktivität gelten Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die […] mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen. “ – wäre nach dieser Definition z.B. Greta Thunberg terroristische Gefährderin, wenn sie den Schrecken des Klimawandels beschwört und die staatliche Ordnung beeinflussen will, damit dagegen etwas getan wird?)

So weich die Definition der Gefährder ist, so hart und präzise ist die Liste der Massnahmen, die gegen dieselben ergriffen werden kann, und zwar (mit Ausnahme des Hausarrests) allein von der Politzei, ohne richterliche Anordnung. Auch gegen zwölfjährige. Die nichts getan haben.

Wenn die Schweiz ein autoritäres System wäre, könnte man das Gesetz als Ermächtigungsgesetz bezeichnen. Wenn man kein Vertrauen in die demokratischen Checks and Balances im Schweizer politischen System hätte, müsste man wirklich Angst haben vor diesem Gesetz. Wenn man wie ich, ein Grundvertrauen in die demokratische Verfasstheit der Schweiz hat, muss man sagen: dieses Gesetz geht in die falsche Richtung. Geht nicht diesen Weg.

E-IDgenössische Abstimmungen

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Am 7. März stehen für uns 10 Fragen zur Abstimmung. Drei für den Bund, drei für den Kanton und vier für die Stadt Zürich. Die Stadt macht es uns diesmal aber am einfachsten.

Schweiz 1: Verhüllungsverbot

Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» verlangt, dass in der Schweiz niemand sein Gesicht verhüllen darf. Der vorgeschlagene Verfassungstext lautet: “1. Niemand darf sein Gesicht im öffentlichen Raum und an Orten verhüllen, die öffentlich zugänglich sind oder an denen grundsätzlich von jedermann beanspruchbare Dienstleistungen angeboten werden; das Verbot gilt nicht für Sakralstätten. 2. Niemand darf eine Person zwingen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen. 3. Das Gesetz sieht Ausnahmen vor. Diese umfassen ausschliesslich Gründe der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums.


Die Initianten nehmen in ihrer Begründung ausdrücklich Bezug auf Nikab und Burka, zwei ziemlich absurde Kleidungsstücke. Aber:

1. Symbol für die Unterdrückung der Frauen in islamischen Ländern ist nicht die Vollverschleierung, die in keinem Land vorgeschrieben ist, sondern der Hijab – das Kopftuch, das im Iran und anderen Ländern rigoros erzwungen wird. Etliche Muslime sind der Auffassung, dass sich das Kopftuch aus dem Koran ableiten lasse; für Vollverschleierung gilt das nicht. In Ländern wie Tunesien ist Vollverschleierung verboten. Auch in Saudi-Arabien, von wo vielleicht mancher urlaub-machende Scheich mit seinem Haarem herkommt, ist sie nicht vorgeschrieben.

2. Vollverschleierung ist kein Ausdruck von Nähe zu dschihadistischem Terror – weder bei Al Quaida noch bei anderen Terrororganisationen mit Ausnahme des IS, der es als Instrument zur Terrorisierung seiner Bevölkerung einsetzte, liefen die Frauen so herum; stattdessen ist sie ein – relativ junger – Brauch in einigen Gegenden des Nahen Ostens und zweifellos ein Ausdruck für besonders konservativ-patriarchalische Strukturen. (Eine recht gute und lesenswerte Analyse der Zusammenhänge zwischen Verschleierung, Traditionen und Terroristen gibt Reinhard Schulze in journal21.ch)

3. Wenn jemand eine Person zwingt, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen, macht er sich bereits heute in der Schweiz der Nötigung schuld. Richtig so. Diesen Passus jetzt neu in die Verfassung zu schreiben, ist gegenstandslos. Zum Thema Vermummungsverbot bei politischen Kundgebungen (gefordert 2013 von Hans Fehr, SVP) hat der Bundesrat am 28.08.2013 ablehnend – und in meinen Augen vernünftig – Stellung genommen

4. Es gibt ein paar wenige in der Schweiz lebende Frauen, die von Mikrofon zu Mikrofon gereicht werden, um vorzutragen, dass sie freiwillig und aus tiefster Überzeugung ihr Gesicht vollverschleiern. Lassen wir ihnen den Spass. Mich stört an der Initiative, dass ein Nicht-Problem dazu benutzt wird, muslimfeindliche Stimmung zu schüren.

Schweiz 2: E-ID-Gesetz

Die Idee, eine gesetzlich geregelte elektronische Identität zu etablieren, ist grundsätzlich zu begrüssen. Allerdings zäumt die Schweiz das Pferd vom Schwanz her auf.

Grundsätzlich betrachtet, sind unsere Daten gefährdet von drei Seiten: Regierungen (dazu gehören auch inländische Geheimdienste) wollen ihre Bürgerinnen und Bürger unter Kontrolle halten (je weniger demokratisch kontrolliert sie sind, desto mehr), Unternehmen wollen zu Werbe- und anderen Zwecken das Konsumentenverhalten ausspionieren, und Kriminelle (dazu gehören auch ausländische Geheimdienste) wollen mit unserer elektronischen Identität krumme Dinge treiben. Jeder einzelne dieser drei ist problematisch; wenn sie sich zusammentun, wird es gefährlich. Leider erzeugt der vorliegende Vorschlag, der die Verwaltung der e-ID an private Unternehmen auslagert, ein unentwirrbares Gemisch aus staatlichen und privaten Funktionen und Interessen. Ich halte ihn für unakzeptabel.

Man kann das schön sehen an den Regelungen, die in Kraft treten, wenn einer der privaten e-ID-Dienstleister mal ausscheiden sollte (weil er das Geschäft aufgibt, oder seinen Verpflichtungen nicht nachkommt). Was geschieht mit den Menschen, die bei diesem Dienstleister ihre e-ID bezogen haben? Das ist in Art. 14 geregelt, und es ist kompliziert. Oder: Wenn ein relevanter Dienstleister bestimmten Leuten einfach keine e-ID ausstellt (weil er sie nicht mag)? Das wird behandelt, in Art. 17. Das geht alles nur so lange gut, wie es gut geht, und dann gibt’s ein Chaos.

Man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Wie man eine e-ID richtig macht, kann man in Estland studieren. Ich halte den estnischen Ansatz für vorbildlich, und schlage vor, dass man deren System so weit es geht kopiert. Dort hat man angefangen damit, dass man die staatliche ID Karte mit einem Chip versehen und den Bürgerinnen und Bürgern alle staatlichen Dienstleistungen auf diese Weise zugänglich gemacht hat. Im zweiten Schritt hat man die Funktionalität auch privatwirtschaftlichen Akteuren verfügbar gemacht, im dritten mit “e-Residency” auch interessierten Menschen auf aller Welt. Ein nettes Video erklärt das Konzept.

In Estland musste man auch Lehrgeld zahlen. Estland steht im Fokus russischer Hacker, und das estnische System wurde gehackt. Einmal mussten alle Karten ausgetauscht werden. Aber das war eine staatliche Aufgabe, man hat daraus gelernt, die Verantwortungen waren klar, und man wurde besser. Ich mag mir nicht ausmalen, wie in dem vorgeschlagenen Schweizer Zuständigkeitswirrwarr auf erfolgreiche Hackerereignisse reagiert würde.

Mein Vorschlag: den jetzigen Entwurf ablehnen, in Estland in die Lehre gehen, und das System nach deren Vorbild komplett neu aufsetzen.

Schweiz 3: Freihandelsabkommen mit Indonesien

Wir stimmen ab über ein Freihandelsabkommen mit Indonesien. Nun bin ich in dieser Frage kein Experte, habe aber versucht, so gut ich kann in das Problem einzudringen. Dabei fiel mir auf, dass in den Abstimmungsunterlagen nicht enthalten ist, worüber wir abstimmen. Dort heisst es lediglich: “Das Umfassende Wirtschaftspartnerschaftsabkommen vom 16. Dezember 20183 zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien einschliesslich des Memorandum of Understanding vom 16. Dezember 20184 zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und zum Kapazitätsaufbau zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien wird genehmigt.” – Weder das Abkommen noch das Memorandum sind beigelegt. Die kryptischen Fussnoten lauten “3 BBI 2019 5285” und “4 BBI 2019 5351“.

Ich habe die Dokumente gefunden: Der Vertrag ist ein 60seitiges Dokument voller Juristensprache, und das Memorandum ein Dokument, das nur auf der Seite der EFTA in englischer Sprache existiert. Ich möchte nicht wissen, wieviele der Abstimmenden diese beiden Dokumente gesucht, gefunden und gelesen haben. Und doch müssen wir alle entscheiden.

Ein paar Anmerkungen zu den Argumenten des Referendumskomitees (aus dem Abstimmungsheft):

  • Die indonesische Regierung ist kein verlässlicher Partner: Rechtsstaatlichkeit, Nachhaltigkeit und soziale Standards werden missachtet, Kleinbäuerinnen, Kleinbauern, Indigene und lokale Gemeinschaften vertrieben.”
    Ich halte das für recht arrogant. Indonesien ist der viert-bevölkerungsreichste Staat der Welt, der sich seit 1994 aus einer brutalen Diktatur schrittweise in ein demokratisches System umgewandelt hat. Wikipedia: “Seit den Wahlen 2004 ist Indonesien in der Weltöffentlichkeit als demokratischer Staat anerkannt. Im Demokratieindex 2019 belegt das Land Platz 64 von 167 Ländern, womit es als eine ‘unvollständige Demokratie’ gilt.”
    Zweifellos gibt es Probleme, Defizite und heftige Auseinandersetzungen, aber auch eine starke Umweltschutzbewegung (WALHI). Die Interessen Benachteiligter in Indonesien müssen und können im Land, nicht in der Schweiz verfochten werden.
  • Die Abhängigkeit von Palmöl darf nicht weiter forciert werden, denn Raps- und Sonnenblumenöle sowie Butter bieten gesunde Alternativen.
    Ich halte dieses Argument mit Verlaub für Blödsinn. Die Gesundheit von Palmöl steht überhaupt nicht in Frage. Und wie der WWF sagt: “ein unkritischer Austausch von Palmöl durch andere Pflanzenöle löst die Probleme nicht, sondern verlagert und verschlimmert sie nur. Denn auch andere Pflanzenöle benötigen Fläche – und zwar mehr als Palmöl.” – Ölpalmen sind dreimal so ertragreich wie Raps und beanspruchen für den gleichen Ertrag etwa 1/6 der Fläche von Soja. Die Besonderheit des Palmöls ist, dass es in den Tropen wächst. Die entscheidende Ursache für die Probleme ist die massive weltweite Steigerung der Nachfrage, die zur grossflächigen Zerstörung von Tropenwald geführt hat und immer noch führt. Woher kommt aber die Nachfrage? 2010 wurde das weltweit produzierte Palm- und Palmkernöl etwa zu 68% für Nahrungsmittel (z. B. Margarine, Salat- und Kochöl), etwa 27% für industrielle Zwecke (z. B. Reinigungsmittel, Kosmetik, Kerzen) und 5% für die Energiegewinnung (“Bio-Diesel”) verwendet. Laut Greenpeace und WWF steckt Palmöl heute in etwa jedem zweiten Produkt, das in deutschen (und Schweizer) Supermärkten zu kaufen ist.
    Der Hunger der Industriegesellschaften nach Ölen ist der Kern des Problems; Substitution durch Raps und Sonnenblumen bringt gar nichts, und Substitution durch Butter wäre der ökologische Super-Gau.
  • Während die positiven Effekte auf die Wirtschaft in der Schweiz bescheiden ausfallen, sind die sozialen und ökologischen Konsequenzen des Palmöls nicht nur für Indonesien dramatisch.”
    Dass die Handelsbeziehungen mit Indonesien für die Schweiz “wirtschaftlich vernachlässigbar” seien, lässt sich wirklich nicht halten, denn die sind ein Glied in der Kette Europa – ASEAN-Staaten. Die Verhandlungen zwischen der EU und Indonesien werden von den Befürwortern des Abkommens ja angesprochen, wobei es dort genau dieselben Debatten um Palmöl usw. gibt wie in der Schweiz.

Unterm Strich gefällt mir von den Stellungnahmen der verschiedenen Organisationen am besten die von PublicEye, die die Argumente pro und contra übersichtlich gegenüberstellt. Meine Schlussfolgerung – als Laie – ist ein vorsichtiges “ja”.

Kanton Zürich 1: Anpassung Grenzwerte

Unter dem Titel “Änderung der Kantonsverfassung” sollen bestimmte Grenzwerte verändert werden. Schön zusammengefasst wird der Sachverhalt auf der Seite der Grünen, nur kommen sie zum gegenteiligen Schluss wie ich. Ich zitiere:

“Aktuell darf der Regierungsrat neue einmalige Ausgaben bis 3 Millionen Franken in eigener Kompetenz beschliessen; für wiederkehrende Ausgaben liegt der Grenzwert bei 300’000 Franken. Gegen einen Beschluss kann jedoch erst ab 6 Millionen Franken das Finanzreferendum ergriffen werden.
Das führt zur unschönen Situation, dass zwischen 3 und 6 Millionen Franken ein Graubereich liegt. Der Regierungsrat kann Ausgaben zwischen 3 und 6 Millionen Franken nur tätigen, wenn er sie als gebunden erklärt (d.h. zur Erfüllung von Staatsaufgaben unbedingt erforderlich). Dann allerdings, ohne dass Kantonsrat oder Stimmbevölkerung dies anfechten können.
Mit der geplanten Anpassung soll diese Lücke geschlossen werden: Der Grenzwert für den Kantonsrat wird auf 4 Millionen Franken gesenkt, der für den Regierungsrat aber gleichzeitig auf 4 Millionen Franken erhöht.”

Das einzige, was mir dazu einfällt ist, was auch die ursprüngliche Meinung des Regierungsrats war: Aus seiner Sicht lohnte es sich nicht, für diese geringfügige Änderung eine Volksabstimmung durchzuführen. Jetzt ist sie aber da, also schnell ein “ja” eingeworfen und sich Interessanterem zugewandt.

Kanton Zürich 2: Sozialhilfegesetz: Sozialdetektive

Zu dieser Vorlage mit ihrer verzwickten Vorgeschichte möchte ich mich hier noch nicht äussern, denn wir werden sie in meinem Nachtcafé am 15. Februar debattieren. Wer dazu kommen mag, ist herzlich eingeladen.

Kanton Zürich 3: Polizeimeldungen: Nationalitäten

Die SVP hat sich daran gestört, dass die Stadtzüricher Polizei seit 2017 in ihren Pressemitteilungen nicht mehr in jedem Fall die Nationalität der Beschuldigten mitteilte. Jetzt soll das per Volksinitiative erzwungen werden. Besonders pikant ist, dass nicht nur über die Nationalität, sondern auch über den “Migrationshintergrund” informiert, also zwischen “echten” und “Papierlischweizern” unterschieden werden soll (womit ich mich dann auch persönlich betroffen fühle). Der Kantonsrat hat diese Initiative abgelehnt und einen abgeschwächten Gegenvorschlag vorgelegt. Weil auch gegen diesen ein Referendum erhoben wurde, stehen jetzt beide Texte zur Abstimmung.

Zwei Bemerkungen dazu:

Die Initianten argumentieren, dass für die Bekanntgabe der Nationalität ein klares öffentliches Interesse bestehe: “Die Bevölkerung hat ein Anrecht zu wissen, aus welchen Ländern die Leute kommen, welche hier die Sicherheit beeinträchtigen und so Mehrkosten von Polizei, Justiz, des Strafvollzugs, usw. nötig machen.” – Das kann man durchaus so stehen lassen. Es fragt sich nur, ob man dieses Wissen aus Einzelfällen bezieht oder aus der Polizeistatistik. Der Fokus auf die Einzelfälle ist natürlich viel eher dazu angetan, bestimmte als skandalös empfundene Ereignisse überdimensional hochzukochen, in die Öffentlichkeit zu tragen und damit Effekte zu erzielen. Wenn es wirklich um das hier geforderte Wissen geht, gibt es gründliche Untersuchungen auf Basis der Polizeistatistik, aus denen man unaufgeregt Konsequenzen ziehen kann.

Allerdings ist auch die Polizeistatistik insofern interessant, als hier eine quasi systemische Ausländerskepsis eingebaut ist. Von Beschuldigten wird in ihr nämlich neben Geschlecht, Geburtsdatum, Geburts- und Wohnort lediglich der Ausländerstatus erfasst. Wenn ich also wissen möchte, wie hoch der Anteil der Linkshänder, der Vegetarier, der Schwulen, der Rothaarigen oder der Katzenfreunde an den Beschuldigten ist, bietet mir die Kriminalstatistik keinerlei Hinweis. Auch in der aggregierten Darstellung der Polizeistatistik verschwinden Geburtsdatum, Wohnort usw. in der Menge, nur der Ausländerstatus wird minutiös geführt. Immerhin, das Alter liegt vor. Ich habe mir erlaubt, mal den Anteil der Altersgruppen (jeweils auf 100’000 Einwohner) zu plotten. Warum redet man nicht viel mehr darüber?

Unterm Strich: Ich finde den Gegenvorschlag weniger grässlich als die Volksinitiative, werde aber beide ablehnen.

Damit kommen wir zu den vier städtischen Vorlagen. Die Kurz-kurz-kurzfassung lautet: Viermal ja.

Stadt Zürich 1: Einhausung Schwamendingen

2012 besuchten wir mit meiner Mutter New York und wanderten durch den High Line Park.

High Line Park, New York

Jetzt bekommt Zürich endlich auch einen.

Der geplante Überlandpark in Zürich Schwamendingen

Das ist mal ein Projekt, das nicht aus dem immer weiteren Auftürmen quaderförmiger Klötze besteht, sondern der Stadt Zürich würdig ist: Zwar führt der neue Park nicht durch Manhattan, sondern durch Schwamendingen, aber das soll die Freude daran nicht mindern, dass die Ewigkeitsbaustelle im Norden Zürichs zu so einem schönen Ergebnis führt. Irgendwann.
Ausserdem hat der Gemeinderat dem Projekt mit 109 zu 0 Stimmen zugestimmt. Also ein klares: ja zur Einhausung Schwamendingen.

Stadt Zürich 2: Schulanlage und Quartierpark Areal Thurgauerstrasse

Haben wir darüber nicht gerade schon abgestimmt? Die Sache mit dem Areal Thurgauerstrasse kommt mir so bekannt vor. Aber ja: Bei der letzten Abstimmung ging es um den Gestaltungsplan (den ich hier kommentiert habe), und der gegen den Widerstand der IG Grubenacker mit 59.8% angenommen wurde. Damit ist aber noch nicht fertig, denn jetzt muss über den Objektkredit abgestimmt werden. Die Einzelheiten des Projekts, die im Abstimmungsheft präsentiert werden, sind ja bereits im November durchgewunken worden. Man könnte also nur “nein” stimmen, wenn man der Meinung wäre: Ja, wir wollen das haben, aber nicht dafür bezahlen.
Genau 0 von 112 Gemeinderatsmitgliedern haben sich auf diesen sinnlosen Standpunkt gestellt, und auch ich kann das nicht tun. Deshalb: Einfache Entscheidung: Ja.

Stadt Zürich 3: Wohnsiedlung Letzi

Hinter dem Letzipark Einkaufszentrum und genau gegenüber Aldi, eingeklemmt zwischen der vielbefahrenen Hohlstrasse und dem Gleiskörper der Bahn, soll eine neue Überbauung entstehen incl. einem 24stöckigen Hochhaus für Altenwohnungen. Insgesamt 131 Altenwohnungen, 53 Wohnungen für Kinderreiche und 81 nicht-bezuschusste Wohnungen für “Normalos”.

Von den vier städtischen Vorlagen ist dies die einzige, bei der es im Gemeinderat Gegenstimmen gab: Die SVP bringt einen Mix verschiedener Argumente: zu wenige Parkplätze, zu ökologische Bauweise, und die Vermutung, nur eine privilegierte Minderheit gelange in den Besitz einer günstigen Wohnung auf Kosten des Steuerzahlers. Hmmm.
Wenn ich mir die Lage dieses neuen Bauprojekts anschaue – eingequetscht zwischen einer lauten Durchgangsstrasse und dem Haupt-Gleisfeld der Stadt – vertraue ich der 88%-Mehrheit des Gemeinderats und hoffe, dass sie wissen, was sie tun, und dass diese Lage von genügend Leuten als attraktiv angenommen wird. Meins wärs nicht. Trotzdem: Ja.

Stadt Zürich 4: Schulanlage und Quartierpark Areal Guggach

Wenn man vom Bucheggplatz nach Norden auf der Hofwiesenstrasse fährt, und dann auf die Wehntalerstrasse stadtauswärts abbiegt, liegt links die “Brache Guggach”. Zur Zeit befindet sich dort u.a. eine coronabedingt geschlossene Dependance von Frau Gerolds Garten. Hier soll ein Schulhaus errichtet werden, sowie direkt an der vielbefahrenen Hofwiesenstrasse eine Wohnsiedlung der “Stiftung Einfach Wohnen” – aber die Wohnsiedlung steht derzeit nicht zur Abstimmung, es geht nur ums Schulhaus.
Der Bedarf scheint so klar, und das Konzept so stimmig, dass sich keinerlei Widerspruch regt, und deshalb die Abstimmung eine reine Formsache ist. Ja.

Korrektur: In einer früheren Version habe ich behauptet, der IS habe Vollverschleierung nicht gefordert. Das war falsch. Der IS war aber meines Wissens die einzige dschihadistische Terrororganisation, die Vollverschleierung vorgeschrieben hat.

Konzernverantwortung und Kriegsmaterial

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Eine Eigenart der Direkten Demokratie Schweizer Prägung ist, dass man als Stimmbürger immer wieder Entscheidungen treffen muss, obwohl man wenig Kenntnis von der Sache hat. Diesmal geht’s mir vor allem mit den lokalen Entscheiden so. Aber dazu später.

Eidgenössische Abstimmungen

Konzernverantwortungsinitiative (KVI)

Eigentlich eine klare Sache: Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, einschliesslich der “durch sie kontrollierten Unternehmen”, “haben auch im Ausland die international anerkannten Menschenrechte sowie die internationalen Umweltstandards zu respektieren”. Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, sind sie zu “angemessener Sorgfaltsprüfung verpflichtet” und haften für Schaden, den sie und die von ihnen kontrollierten Unternehmen anrichten (alle Zitate aus dem Abstimmungstext).

Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, und deshalb begann die KVI auch mit grosser Zustimmung. Bis der Wind sich drehte und Leute, die offenbar kein Interesse daran haben, dass sich Unternehmen auch anderswo an Menschenrechte und Umweltstandards halten, eine Flut von Vorbehalten mobilisieren konnten. Es wird eng.

Ich greife hier nur ein Argument heraus: mit Annahme der KVI mache die Schweiz einen Alleingang statt internationaler Zusammenarbeit (Bonetti).

In Wahrheit ist es so, dass die Schweiz, verglichen mit den Nachbarländern, eher bescheiden dasteht. Eine Gruppe von Juristen hat einen “Rechtsvergleich im internationalen Verhältnis” vorgenommen und die Rechtslage der Schweiz nach Annahme der KVI verglichen mit dem Ist-Zustand von Ländern wie Frankreich, UK, Deutschland und anderen.

Demnach wären die Möglichkeiten, in der Schweiz Fehlverhalten der eigenen Unternehmen im Ausland einzuklagen, selbst nach Annahme der KVI immer noch weniger weitgehend als heute schon in Frankreich, UK, den Niederlanden. Und das lässt ausser Acht, dass es auf europäischer Ebene Bemühungen gibt (Stichwort: “Lieferkettengesetz”), die Nachvollziehbarkeit und Einhaltung internationaler Normen weiter auszubauen und zu vereinheitlichen.

Ich sehe die Initiative im Einklang mit weltweiten Bemühungen, die globalisierten Zusammenhänge unserer Weltwirtschaft nachhaltig zu gestalten. Sicher wäre es noch besser, wenn die Akteure sich hier erkennbarer über die Grenzen hinweg koordinieren würden, aber ich finde es sehr gut, wenn die Schweiz hier einen mutigen Schritt nach vorne macht.

Kriegsgeschäfteinitiative (KGI)

Die Intention der Initiative ist sympathisch: Ich möchte nicht zu den Leuten gehören, die ihr Geld mit der Herstellung von Kriegswaffen verdienen, und doch lege auch ich mein Geld – über die AHV und meine Rentenkasse – in Rüstungskonzernen an, ohne überhaupt gefragt zu werden. Also möchten die Initianten, dass Kassen, die in meinem Namen Geld anlegen, dies nicht mehr in Waffenproduzenten tun dürfen.

Der Teufel liegt allerdings im Detail. Natürlich bin ich dafür, dass z.B. in meiner Pensionskasse nachhaltige und ethische Anlageprinzipien verfolgt werden. Das Bewusstsein für diese Problematik ist in den letzten Jahren stark gewachsen und führt immer wieder zu Diskussionen. Umwelt, Soziales, Menschenrechte, Krieg sind ethische Dimensionen, die bedacht sein wollen. Wenn so etwas aber gesetzlich vorgeschrieben wird, müssen die Dinge genau definiert werden. Welche Unternehmen sollen von der Finanzierung durch Nationalbank, Stiftungen und Rentenkassen ausgeschlossen werden?

Kriegsmaterialproduzenten sind laut Abstimmungstext alle “Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen”.

Mit dieser Definition habe ich drei Probleme.

  1. Es fällt auf, dass die Initianten in ihren Begründungstexten immer wieder betonen, dass “Investitionen in internationale Kriegsmaterialproduzenten” verhindert werden sollen, und verhindert werden soll, “dass unser Geld in Rüstungskonzerne im Ausland fliesst”. Das ist aber billiger Populismus. Die schlimmen Ausländer, die guten Schweizer. Im Abstimmungstext selbst (siehe oben) ist von Ausland nicht die Rede. Schweizer Unternehmen, sind genauso betroffen.
  2. Mir ist völlig unklar, wie “dual use” hier abgegrenzt werden soll. Komponenten für Flugzeuge, die sowohl in zivilen wie militärischen Geräten verwendet werden; etwa der “Hummer” (dieses grässliche Monster-Auto, ursprünglich ein Militärfahrzeug, das aber wegen seiner Macho-Ausstrahlung auch von bestimmten Menschen “zivil” gern gefahren wird)  – wie sollen die bewertet werden? Was zählt zu den 5%? Ich sehe hier ein Betätigungsfeld für viele Juristen.
  3. Die Schweizer Armee braucht ja wohl Ausrüstung. Wenn die Firmen, die sie beliefern, keine Kredite, kein Aktienkapital mehr bekommen, führt das tendenziell zu einer Verteuerung bei der Armeebeschaffung. Zu Ende gedacht, folgt aus einer Annahme der KGI, dass man auch für die Schweizer Armee keine Kriegswaffen mehr möchte (“Defund the Army”). Das steht aber nicht im Antrag.

Aus diesen Gründen bin ich der Meinung, dass die vorgeschlagene Verfassungsänderung keine gute Lösung ist. Eine Stärkung der ethischen Anlageformen durch mehr Transparenz, “Opt-Out” Optionen der Beitragszahler, eine Stärkung der demokratischen Strukturen in den Rentenkassen, und eine Verschärfung des Verbots, Geld in international geächtete Waffen (ABC) zu investieren, auch wenn diese in international etablierte Aktienfonds eingemischt sind, wären der bessere Weg.

Abstimmungen in der Stadt Zürich

Jetzt komme ich zu den Themen, bei denen ich mich schwer tue, Entscheidungen zu treffen, und noch mehr, Empfehlungen zu geben. Ich teile hier nur mit, wie ich mich entscheide, ohne Gewähr.

Sportstadt Züri

Diese Abstimmung hat eine Vorgeschichte: Die AL wollte, dass Sport- und Badeanlagen der Stadt grundsätzlich kostenlos sein sollten. Das hat der Gemeinderat in einem Gegenvorschlag etwas abgeschwächt, aber im Wesentlichen übernommen. Dann hat die AL ihren Antrag zurückgezogen, und jetzt stimmen wir über den Gegenvorschlag ab, der übrigens vom Stadtrat abgelehnt wird.

Ich bin für dieses Thema sicher nicht der beste Ansprechpartner, gehöre ich doch zu “den wenigen Personen der Stadtzürcher Bevölkerung, die sich als Nichtsportlerinnen oder -sportler bezeichnen” (S.16), und wie bei fast allen anderen aus dieser Gruppe sind nicht die Eintrittspreise, was mich abhält, die städtischen Sportangebote links liegen zu lassen.

Ich gönne ja jedem seinen und jeder ihren Sport. Aber ich halte diesen Antrag für den Versuch, ein nicht-existierendes Problem zu lösen. Merke: Wenn es nicht ein klar benennbares, dringendes Problem gibt, dann tu lieber nichts und kümmer dich um die Dinge, bei denen wirklich Handlungsbedarf besteht. Davon gibt es viele.

Gestaltungsplan Thurgauerstrasse

Wenn man vom Hallenstadion in Oerlikon nach Norden Richtung Flughafen fährt, kommt man durch die Thurgauerstrasse. Dort soll ein neuer Quartierteil mit 700 Wohnungen, Schulhaus, Park, Gewerbe- und Dienstleistungsflächen etc. entstehen. Heute sind dort Familiengärten, ein Parkplatz, ein Wohnhaus und eine Gärtnerei.

Dass es sinnvoll und dringend notwendig ist, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, wird von niemandem bestritten. Auch der Ort leuchtet ein.

Allerdings gibt es da die IG Grubenacker, die sich an etlichen Aspekten des vorliegenden Entwurfs stört, und sie hat auch gleich einen Gegenentwurf parat, der aus ihrer Sicht vor allem die Interessen der in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Menschen besser berücksichtigt.

Planung der Stadt Zürich

Oben ist eine Visualisierung des Entwurfs, der zur Abstimmung steht, unten der Gegenvorschlag.

 

Gegenentwurf. Konzeption von Jürg Sulzer

Im Prinzip gehts um Hochhaus vs. Blockrandbebauung. Ich finde den Sulzer-Entwurf erwägenswert, den städtischen Entwurf aber auch nicht so schrecklich. Interessant ist z.B. dass beide Modelle ungefähr dieselbe Zahl von Wohnungen vorsehen.

Eine Ablehnung des Gestaltungsplans hätte aber zunächst mal zur Folge, dass das Projekt um Jahre hinausgezögert würde. Deshalb werde ich der Vorlage, auch auf die Gefahr hin, dass es sich nur um die zweitbeste Lösung handelt, zustimmen.

Neues Fördersystem Tanz und Theater

Hier haben sich eine Menge Leute viel Mühe gegeben, ein Konzept auszuarbeiten, wie die Stadt die Tanz- und Theaterszene besser unterstützen soll. Die Förderung der “freien Szene” soll über “Ko-Produktion-Institutionen” (wie das Theater-Spektakel) laufen. Für “Konzept-Förderung” (und damit Beiträge für 2, 4, und 6 Jahre) soll der Stadtrat eine Jury einrichten, die Gemeinde- und Stadtrat für die Vergabe berät. Auch wird das Gesamtbudget leicht erhöht von 58.2 auf 62.9 Mio. SFr. pro Jahr.

Das wäre ja alles ganz schön, gäbe es da nicht ein massives Problem: Wann und in welcher Form Tanz und Theater seine alten, oder wahrscheinlicher, neue Formen von Aktivitäten wieder aufnehmen kann, was die langfristigen Konsequenzen aus der Pandemie (die ja nicht so einfach wieder verschwinden wird) sein werden – das steht alles in den Sternen. Statt in dieser Situation die langfristige Ausgestaltung von etwas zu beschliessen, das derzeit gar nicht stattfinden kann, bin ich dafür, diese Frage zu vertagen und erst mal den Kulturschaffenden mit Soforthilfen unter die Arme zu greifen. Sonst sind sie nachher für die langfristigen Konzepte nicht mehr da.

Dreizehn auf einen Streich

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Am 25. September herrscht in der Schweiz ein coronabedinger Abstimmungs-Stau: gleich 13 Fragen gilt es als Stadtzürcher zu beantworten: 5 für die Schweiz, 2 für den Kanton, und 6 für die Stadt.

Ebenfalls bedingt durch Corona, aber auch unter dem Eindruck apokalyptischer Visionen – dem brennenden Himmel über San Francisco, dem womöglichen Ende der Demokratie in den USA, dem Elend von Moria – musste ich alle Energie zusammen nehmen, den Schreibstau überwinden und meine unmassgebliche Meinung zu den mehr oder weniger banalen anstehenden Entscheidungen aufschreiben. Weshalb es auch mal wieder ziemlich spät geworden ist.

Dabei sind für mich die Antworten auf einige der vorgelegten Fragen “klar wie Kloßbrühe” und ich will mich nicht mit ihnen aufhalten; bei anderen tue ich mich schwerer. Aber Schritt für Schritt.

Schweiz:

Begrenzungsinitiative – im Original originellerweise “Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung»” genannt. Im Grunde ist das die soundsovielte Neuauflage immer des selben Anliegens der SVP, die Zuwanderung ohne Dreinreden durch die EU begrenzen zu können. Und so wie die EU in den Flüchtlingen an ihren “Aussengrenzen” den Gottseibeiuns sieht, so der rechtspopulistische Teil der Schweiz – ähnlich UK – in den EU-Ausländern.

Die Annahme der Initiative hätte massive negative Auswirkungen auf die Aussenbeziehungen der Schweiz, weshalb ausser der SVP alle klar dagegen sind. So wichtig ich es finde, diese Initiative abzulehnen (und sogar das erste Mal ein Banner ins Fenster gehängt habe), so sehr scheint es, dass die Meinungen zu dieser Entscheidung “gemacht” sind, weshalb ich mir hier weitere Argumente erspare. Ich bin einigermassen zuversichtlich, dass das mal wieder abgelehnt wird, aber sicher kann man bei so was nie sein. Deshalb in jedem Fall: Nein.

Jagdgesetz

Mal wieder geistern Wölfe durch die Schweiz. Es werden mehr. Deshalb muss man ihnen gesetzlich verbieten, Schafe zu reissen oder sonstwie Unheil anzurichten. Bei Todesstrafe. Und bei der Gelegenheit noch ein paar weitere Arten der “Regulierung” durch die Kantone anheim stellen.

Dazu fällt mir nur ein: Die Artenvielfalt auf der Erde verringert sich in einem katastrophalen Tempo. (wwf-studie)

Nein, es sind nicht in erster Linie die Jäger; sie sind das falsche Feindbild. Es ist unsere industrielle Lebensweise, verschärft durch die Massentierhaltung. Es gibt definitiv nicht zu viele wild lebende Tiere sondern täglich weniger. Ich kann deshalb der vorgeschlagenen Gesetzesänderung nicht zustimmen.

Die nächsten beiden Abstimmungen kreisen um das selbe Thema: Kinderbetreuung und Väter.

Kinderdrittbetreuungskosten

Vorgeschlagen wird, den Kinderfreibetrag bei der Bundessteuer von 6500 auf 10000 Franken zu erhöhen, und Drittbetreuung bei Kindern bis 25000 Franken (bisher 10100) abzugsfähig zu machen. Dabei wird angenommen, bei dieser Drittbetreuung handele es sich um Kitas.

Nun ist es so, dass 60% der Menschen in der Schweiz Bundessteuer zahlen; 40% – die Wenigverdienenden – haben also von der Änderung nichts.

Dies vor dem Hintergrund, dass in der Schweiz Kitas massiv teurer sind als in den Ländern um die Schweiz herum. «In der Schweiz schlagen zwei Betreuungsplätze mit fast 70 Prozent eines Netto-Durchschnittslohnes von 56’000 Franken (Quelle: OECD) zu Buche. Das EU-Mittel liegt bei 27 Prozent, am anderen Ende der Skala befindet sich Österreich mit 5 Prozent.» (tageswoche.ch)

Dahinter steht die Einstellung, die frühe Betreuung sei kein service public sondern Privatsache, anders als Schulen, die selbstverständlich öffentlich finanziert werden. Kinder soll nur haben, wer es sich leisten kann.

Statt den am besten Verdienenden Steuerabzüge zu gewähren, sollte der Staat – Bund und Kantone – Kitas finanzieren. Dann hätten alle was davon. Deshalb zu dieser Vorlage: Nein.

Vaterschaftsurlaub

Mütter sind zuständig für die Kinderbetreuung (und bleiben deshalb zu Hause, es sei denn sie gehören zu den gut Verdienenden, siehe oben), Väter sind zuständig fürs Geldverdienen und sollen sich von den Kleinkindern fernhalten. So war das doch?

Ich habe den Eindruck, viele Schweizer stehen immer noch unter dem Schock, dass die Frauen jetzt Wahlrecht haben. Väter zu Hause? Etwa gar Windeln wechseln?

Wie man sieht, bin ich hier etwas unsachlich, aber ich kann’s nicht helfen. Väter sollen jetzt einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub bekommen. Ich finde das einen schlechten Witz. Ich werde mir die Nase zuhalten und dafür stimmen, aber nur, weil mir Vertreter dieser Initiative versichert haben, dass sie darin nur einen Einstieg in eine vernünftige Regelung sehen, bei der Väter wie Mütter ihre Verantwortung als Eltern wahrnehmen können. Nicht zu fassen: Vierzehn Tage!

Neue Kampfflugzeuge

Sechs Milliarden sollen ausgegeben werden für die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge als Ersatz für die an ihr Nutzungsende kommenden F/A 18 (Super Hornet) und F5 (Tiger).

Gleich vorweg: Ich bin kein Verfechter der «Schweiz ohne Armee». In meinem Verständnis ist es die Aufgabe einer Nationalregierung, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen. Dazu gehört auch ein möglicherweise dramatisch verändertes aussenpolitisches Umfeld. Dazu gehören auch mögliche militärische Attacken.

Ich verstehe aber nicht, in welchem denkbaren Szenario die jetzt beantragten Kampfjets schützen sollen. Mir scheint, hier stellt sich jemand die Kriege des letzten Jahrhunderts vor. Marschflugkörper, Drohnen, digitale, vor allem aber “hybride Kriegführung”, wie man sie in der Ukraine studieren kann, laufen unter der Einsatzmöglichkeit von Kampfflugzeugen durch.

Mein Eindruck ist, dass die Schweiz auf die Gefahren des 21. Jahrhunderts nur bedingt vorbereitet ist. Hier wären genügend Felder für lohnende Investitionen. Der Einkauf von teurem Spielzeug gibt ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Also: Nein.

Nachbemerkung: Ich bin Mitglied der Grünliberalen, und in dieser Frage eindeutig anderer Meinung als meine Partei. So ist es eben.

Kanton Zürich

Zusatzleistungsgesetz

Mehr und mehr Menschen beziehen Zusatzleistungen zu AHV und IV. Diese Leistungen werden anteilmässig von Bund, Kantonen und Gemeinden getragen. Jetzt soll der Anteil der Gemeinen von 56% auf 30% praktisch halbiert werden; der Anteil des Kantons steigt entsprechend. Für die Empfänger ändert sich nichts. Grund: die ungleiche Verteilung dieser Kosten, die manche Gemeinden viel stärker treffen als andere.

Da die Gemeinden die Höhe dieser Ausgaben kaum beeinflussen können, ist eine solche Veränderung unterm Strich viel einfacher zu gestalten, als ein von den Gegnern vorgeschlagener Ausgleichsmechanismus («Pool») den die Gemeinden erst aufsetzen und dann “gerecht” ausfeilschen müssten – eine wahre bürokratische Herkulesaufgabe. Mehr oder weniger Geld entsteht dadurch nicht, es wird nur anderswo verwaltet, und die Gemeinden werden gleicher belastet. Also ich bin dafür.

Strassengesetz

Alles was mit Strassen und Verkehr zu tun hat, wird im Kanton Zürich nicht etwa dem Budget entnommen, sondern vorher in eine Reihe von Töpfen gestellt, und dann aus diesen abgerufen. Der Grund ist, dass viele Projekte über mehrere Jahre und Budgetperioden hinweg geplant werden müssen. Der Nachteil, dass man den Töpfen schon vorab Gelder zuweisen muss, wenn die Projekte, für dies es gebraucht wird, nur ungefähr bekannt sind. Das führt dazu, dass die Diskussionen ein wenig weltanschaulich geführt werden. Es geht nicht darum, ein bestimmtes Projekt zu beschliessen oder abzulehnen, sondern mehr oder weniger Geld für bestimmte Arten von Projekten vorzuhalten. So hatten wir im Mai 2018 den Versuch der Pro-Auto-Contra-ÖV Lobby, den Verkehrsfonds, aus dem der ÖV finanziert wird, zu schrumpfen; jetzt den der Pro-ÖV-Contra-Auto Lobby, den Strassenfonds auszudünnen, dadurch dass nicht nur kantonale, sondern auch Gemeindestrassen daraus finanziert werden sollen, was ihn naturgemäss schneller leert.

(Hier mein Kommentar zur Verkehrsfonds-Abstimmung vom Mai ’18)

Eigentlich bin ich der Meinung, dass es schon genügend Strassen, aber zu wenig Radwege gibt, deshalb stimme ich dafür und mache gleich mit dem nächsten Thema weiter.

Stadt Zürich

Sichere Velorouten

Radwege in Zürich sind sofort daran erkennbar, dass sie urplötzlich enden, und zwar immer dann, wenn’s eng wird, komplizierte Kreuzungen, unübersichtliche Vorfahrtsverhältnisse herrschen – kurz, wenn es riskant wird. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Velo-Kuriere zu, die schlecht bezahlt, unter Zeitdruck hohes Risiko für sich und andere Verkehrsteilnehmer in Kauf nehmen.

Verglichen mit anderen Städten ist die Situation der Velorouten in Zürich miserabel und gefährlich.

Deshalb kann man diese Initiative nur annehmen. Noch viel wichtiger aber ist, sie von der Stadt auch umzusetzen. Schnell.

Hardturmareal

Dieses Projekt wird jetzt zum zweiten Mal abgestimmt. (Hier meine Stellungnahme vom November 2018)

Meine Einstellung dazu hat sich seitdem nicht geändert, und ich werde das Projekt ablehnen aus drei Gründen:

  1. Es ist ja zu hoffen, dass bis zur Fertigstellung des Projekts die Corona-Pandemie im Zaume ist, und wir uns stattdessen mit den nächsten Pandemien beschäftigen werden. Was Zürich jedenfalls am allerdringlichsten braucht, sind neue Foren für Super-Spreader-Events. (Zynismus aus; ich glaube aber, da uns Corona & Co. noch lange beschäftigen werden, dass man das Konzept der grossen Sport-Stadien wirklich gründlich überdenken sollte).
  2. Ich habe nichts gegen Hochhäuser, aber – und das habe ich schon 2018 geschrieben – ich finde den Zürcher Hochhaus-Stil langweilig und öde. Wir bauen heute die Bausünden von morgen. Warum rafft man sich nicht auf, moderne, zeitgemässe und interessante Gebäude (wie z.B. den bosco verticale in Mailand oder den Oxygen Eco Tower in Jakarta) zu errichten. Warum müssen immer öde Quader vor unserer Nase sein?
  3. Als die Planung aufkam, haben wir uns gefreut und gedacht, wir bekommen eine gute Einkaufsmöglichkeit in Laufentfernung. Nun entnehme ich der Planung, dass aus Rücksicht auf die Nachbarschaft keine Fachmärkte oder Einkaufszentren genehmigt sind, ich also weiter auf die teuren «pronto»-Kleinfilialen der Grossverteiler angewiesen bin, wenn ich nicht mit dem Auto ins Einkaufszentrum fahre.

So, wie es geplant ist, brauche ich das «Ensemble» nicht.

Erwerb von Liegenschaften

Dabei geht es um die Kompetenzzuteilung zwischen Stadtrat (Stadt-Regierung) und Gemeinderat (Parlament). Wer darf entscheiden über Immobilienkäufe, wenn es mehr als 2 Mio kostet? Wenn schnell entschieden werden muss?

Eigentlich ist mir das egal. Demokratisch legitimiert sind beide Institutionen. Dringenden Handlungsbedarf für eine Änderung sehe ich auch nicht. Ich finde, man soll die Bevölkerung mit so einer Frage nicht belästigen. Deshalb diesmal: Keine Stimme.

**Ächz** Wir sind immer noch nicht fertig. Zum Glück sind die verbliebenen drei Entscheidungen reine Formsache:

Das Areal Herdern des Elektrizitätswerks soll instand gesetzt und optimiert werden (nur zu!), eine direkte Wasserleitung soll zwischen dem Limmat-Tal und dem Glatt-Tal durch den Berg gebohrt werden (gute Sache) und die Stiftung Pro Senectute soll mehr Geld bekommen (wohl verdient).

Uff, geschafft. Jetzt schnell den Wahlumschlag der Schweizer Post anheimgegeben, und die Sache ist geritzt.

PS. Kurz nach Veröffentlichung dieses Beitrags erhielt ich ein interessantes Feedback zu den Kampffliegern, das sich hinter dem unscheinbaren Link “1 Comment” oben versteckt.

Wohnung ohne eigenen Parkplatz aber mit Blick auf eindrucksvolles Tunnelportal

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Fünfhundert Menschen, die direkt in Sichtweite vom geplanten Portal des neuen Rosengartentunnels in ihre neuen urbanen Wohnungen ziehen, werden den Autoverkehr im Tunnel schon mal nicht belasten: Für sie – weil “mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erschlossen” – sind schon gar keine Stellplätze geplant. Sie können das Tunnelportal nur von aussen bewundern. Aber im Einzelnen.

Abstimmung Stadt Zürich: Tramdepot Hard

Direkt an der Wipkingerbrücke liegt ein altes, schönes Tramdepot aus früheren Zeiten. Leider erfüllt es seine Funktion immer weniger, und dahinter liegt eine etwas schäbige und schlecht genutzte Wendefläche. Also will man es renovieren und plant bei der Gelegenheit gleich 193 Wohnungen für ca. 500 Menschen in zwei Wohntürmen.
Darüber gibt es – wie immer bei solchen Projekten – verschiedene Meinungen. Der denkmalgeschützte Teil bleibt erhalten. Die geplanten Mietpreise sind höher als von Genossenschaftswohnungen (was die AL ärgert), aber liegen deutlich unter dem Durchschnitt (für eine 3½-Zimmer-Wohnung geplant 1910 Franken; Durchschnitt im Escher-Wyss-Quartier: 2370 Franken).
Für mich besonders interessant, und für die SVP auch ein Stein des Anstosses: “Da [das Areal] mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erschlossen ist, wird auf Autoparkplätze für die Bewohnerinnen und Bewohner verzichtet.”
Im Gegensatz zur SVP halte ich das für durchaus zukunftsorientiert, und – wenn man ein paar Car-Sharing Plätze bereithält – auch ohne weiteres zu vertreten, weshalb ich dem Objektkredit von 203 Millionen fröhlich zustimmen werde (auch wenn ich mich frage, warum man diese Wohnturmquader immer so fantasielos hinklotzen muss).

Die Ironie aber besteht darin, dass man diese autolosen Wohn-Einheiten genau mit Blick auf das geplante Portal des neuen Rosengartentunnels errichtet, und damit kommen wir zur zweiten Abstimmung.

Abstimmung Kanton Zürich: Rosengartentunnel
Darüber wird erbittert gestritten, und es treten die Freunde des Autos einerseits und die Gegner des Autos andererseits in durchaus erwartbarer Weise gegeneinander an. Ich muss sagen: Wenn man mit dem Finger schnipsen könnte, und der geplante Tunnel wäre da – morgen, am 10. Februar 2020 – dann hätte das gewisse Vorteile. Die Rosengartenstrasse macht ihrem Namen heute Schande, und den Verkehr unter die Erde bringen und oberirdisch Strassenbahnen fahren lassen verbessert die Wohnsituation. Und selbstverständlich: die Wohnsituation besser machen führt zu höheren Mieten. Dafür ist halt auch die Wohnsituation besser.
Aber man kann nicht mit dem Finger schnipsen. (Man kann schon, aber dann passiert nichts.)
“Mit dem Bau kann […] realistischerweise frühestens 2024 begonnen werden – und der Tunnel kann frühestens 2030 bzw. das Tram 2032 in Betrieb genommen werden.” (aus dem erläuternden Bericht der Volkswirtschaftsdirektion). Das ist der Beginn. Vorher zehn Jahre Baustelle. Amortisiert haben sich die 1,1 Milliarden erst zwanzig Jahre später, also ca. 2050. Wenn man jetzt bedenkt, wie schnell sich die Klima- und Verkehrswende-Dinge entwickeln, vor welchen dramatischen Umwälzungen wir stehen, dann erscheint dieses Projekt – eine Milliarde für einen Autotunnel für Fahrzeuge, die es dann womöglich – und hoffentlich – gar nicht mehr gibt, ein Monsterprojekt aus einer vergangenen Epoche, das ein Eigenleben annimmt. Vielleicht kann man in dem Tunnel 2050 ja Champignons züchten. Besser wäre, heute den Bau nicht beschliessen.

Abstimmung Kanton Zürich: Personentransport mit Taxis und Limousinen
Was mich am meisten an den Zürcher Taxis stört ist der unsinnig hohe Preis. Wenn ich anderswo bin, nehme ich viel schneller mal ein Taxi. Das ist nicht nur ein Gefühl sondern lässt sich mit Zahlen belegen. Und es geht nicht nur mir so. (Umfrage “20 Minuten” von 2014)

Aus dem ursprünglich sinnvollen Vorschlag des Regierungsrats, Taxis im Kanton einheitlich zu regeln, hat der Kantonsrat ein Uber-Regulierungs-Paket geschnürt, das so wirkt, als sei es direkt von der Taxi-Lobby geschrieben. Die Taxi-Preise sind anderswo ja auch wegen Uber und anderer Konkurrenz so niedrig. Und ja, ich halte die “share economy” für eine zweischneidige Sache und finde, dass man sie sehr kritisch begleiten muss. Trotzdem.
Wenn man die Konkurrenz klein und die Preise hoch halten will, dann sollte man dem neuen “Gesetz über den Personentransport mit Taxis und Limousinen (PTLG)” in der vorliegenden Form zustimmen. Sonst eher nicht.

Abstimmung Kanton Zürich: Entlastungs- bzw. Mittelstandsinitiative
Es gibt zwei sich gegenseitig ausschliessende Initiativen. Die eine (“Entlastungsinitiative”) will die Steuern für niedrige Einkommen (bis 100’000 Jahreseinkommen) senken und die für hohe Einkommen erhöhen (Spitzensatz von 13% auf 17%), die andere (“Mittelstandsinitiative”) will die Steuern für alle senken, aber vor allem für Besserverdienende (Spitzensatz von 13% auf 12%). Falls beide Initiativen angenommen werden, muss man sich per Stichfrage für eine von ihnen entscheiden.

Die “Mittelstandsinitiative” würde erst mal zu Steuerausfällen von 700 Millionen Franken im Jahr führen. Nun ja, 2018 hatte der Kanton einen Überschuss von 548 Millionen Franken, und warum soll man den nicht an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben? Was mich an der Initiative stört, ist, dass die Reduktion – auch prozentual – je kräftiger ausfällt, je höher die Einnahmen sind.

An der “Entlastungsinitiative” gefällt mir die Entlastung der unteren Einkommen, aber die Steigerung für die hohen Einkommen ist aus der momentanen Finanzlage nicht begründet und führt wahrscheinlich zur Abwanderung einiger sehr Betuchter.

Wenn’s nach mir ginge, hätte ich in der jetzigen Lage eine deutliche Senkung auf die Steuern der unteren (bis 100’000), eine leichte Senkung auf die der mittleren (bis 250’000) und eine Beibehaltung auf die der hohen Einkommen vorgeschlagen. Aber auf mich hört ja keiner.
Die vorliegenden Vorschläge überzeugen mich jedenfalls beide nicht. Und was ist das kleinere Übel? Die Entlastung der geringen Einkünfte ist stärker bei der “Entlastungsinitiative”, deshalb wäre ich zur Not für diese.

Abstimmung Schweiz: Mehr bezahlbare Wohnungen

Gemäss dem Mietpreisindex des Bundesamtes für Statistik sind die Mieten in der Schweiz seit dem Jahr 2000 um durchschnittlich 28 Prozent gestiegen. Der Landesindex der Konsumentenpreise, der die durchschnittliche Teuerung misst, ist im gleichen Zeitraum lediglich um acht Prozent gestiegen. Es besteht also Handlungsbedarf.
Haushalte mit einem Brutto-Haushaltseinkommen von 4000 bis 6000 Franken geben heute rund 25 Prozent davon für die Miete aus. Bei Haushalten mit einem Brutto-Haushaltseinkommen von weniger als 4000 Franken sind es sogar 35 Prozent. (Alle Angaben nach Watson).

Ziel der Initiative ist es, den Anteil an Wohnungen gemeinnütziger Bauträger schweizweit von derzeit ca. 5% auf 10% zu erhöhen. 10% ist die Zahl, die im Kanton Zürich heute tatsächlich erreicht ist. Mit anderen Worten: auf den Kanton Zürich hat die Initiative keine Auswirkungen. Trotzdem stimmen wir ab.

Viel von der Polemik gegen die Initiative (“Sozialismus!” – “Enteignung!” – “Tyrannei!”) kann ich nicht teilen. Ein gewisser Grundsockel von sozialem Wohnungsbau ist sinnvoll und moderiert die Marktkräfte, die nach wie vor den Löwenanteil des Immobiliengeschäfts beherrschen und gestalten. 10% halte ich grundsätzlich nicht für zu viel. Für die Stadt Zürich beträgt er eher 20%, und auch das halte ich nicht für schlecht.

Mein Problem ist eher: Sollte das nicht den Kantonen überlassen bleiben? Sind die Verhältnisse in der Stadt nicht anders zu bewerten als die auf dem Land? Mal wieder wird ein Problem gesehen, und dann nach dem Bund gerufen, wo es besser wäre, dies vor Ort zu entscheiden. Für Zürich bin ich dafür, den Anteil an Wohngenossenschaften eher aus- als abzubauen. Bei dieser Vorlage aber bin ich eher dagegen.

Abstimmung Schweiz: Diskriminierungsverbot

Zuletzt noch eine ganz einfache Frage: Soll die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gleich behandelt werden wie die Diskriminierung aufgrund von Rasse (was immer das ist), Ethnie oder Religion? Natürlich ja. Was sonst?

Das einzige Argument der Gegner dieser Initiative ist, dass es bereits heute strafbar sei, Menschen öffentlich zu beleidigen oder herabzuwürdigen. Das Referendumskomitee fragt: “Wo bleiben die Sondergesetze für handicapierte, alte oder übergewichtige Menschen?”
Nun gibt es einen gesellschaftlichen Kontext, in dem Diskriminierung gegen Homosexuelle auch in unseren Tagen eine Realität ist. Lebten wir im Mittelalter, gäbe es vielleicht Gründe, Diskriminierung gegen Rothaarige in unsere Verfassung zu schreiben. Zum Glück sind die Tage der Hexenverfolgung wegen Rothaarigkeit vorbei. Also lassen wir das.
Aber eine Nachricht “Schweizer Bevölkerung lehnt Diskriminierungsverbot gegen Homosexuelle ab” wäre schon eine ziemliche Katastrophe, und deshalb hoffe ich sehr, dass diese Initiative mit klarer Mehrheit angenommen wird.